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Jung wie alt
Ein Jahr vor den Parlamentswahlen in Israel ist den politischen Beobachtern klar, daß einige Wochen nach diesen Wahlen das Land eine der bisher schwersten politischen und wirtschaftlichen Krisen durchmachen wird.
Ein Jahr vor den Parlamentswahlen in Israel ist den politischen Beobachtern klar, daß einige Wochen nach diesen Wahlen das Land eine der bisher schwersten politischen und wirtschaftlichen Krisen durchmachen wird.
Es macht dabei nichts aus, ob nun Jimmy Carter oder Gerald Ford zu diesem Zeitpunkt Präsident der USA sein wird. Beide haben mehr oder weniger die alte amerikanische Israel-Politik akzeptiert und versprochen, auch in Zukunft danach zu handeln. Diese Politik beruht auf zwei Grundsätzen. Auf der Forderung nach Waffenstillstand, Feuereinstellung und Konsolidierung der bestehenden Positionen und auf dem Plan des früheren amerikanischen Außenministers Rogers, demzufolge Israel auf alle besetzten Gebiete zu verzichten hat, wobei bestenfalls über unwesentliche Grenzkorrekturen verhandelt werden könne.
Sollte Israel sich weigern, auf besetzte Gebiete zu verzichten, so ist
fürs erste eine Drosselung der amerikanischen Wirtschaftshilfe zu erwarten, was zu einer schweren Krise führen müßte. Die Abwanderung von Fachkräften und jüngeren Leuten würde folgen, was die Krise nur noch weiter vertiefen würde. In dieser Hinsicht ist eine Studie des israelischen Instituts für Gesellschaftsforschung über die Einstellung der Jugend im Alter von 14 bis 18 Jahren, bezogen auf das Jahr 1975, aufschlußreich. Die Studie wurde dieser Tage veröffentlicht und beweist, daß bei Israels Jugend kein drastischer Umschwung über die nationalen und sozialen Probleme nach dem Jörn-
Kippur-Krieg eingetreten ist. 5000 Jugendliche aus 55 Mittelschulen, Landwirtschaftsschulen, Fachschulen und Kibbuzschulen wurden befragt. Jeder Schüler hatte 240 Fragen zu beantworten. Das Resultat war eine 500 Seiten lange Studie, die nun auch auf englisch und deutsch veröffentlicht werden soll. Ihr ist zu entnehmen, daß die jungen Israeli nun größten Teil nicht bereit wären, sich mit einer Rückgabe der besetzten Gebiete abzufinden. Am wenigsten die religiös denkenden Jugendlichen. Für sie sind die besetzten Gebiete mit dem Land, das Gott den Kindern Israels- versprochen hatte, identisch. Wenn sie auch zu irgendwelchen Gebietskonzessionen gegenüber den Arabern zu bewegen wären, so sind sie keinesfalls bereit, dem Rogers-Plan, also der Rückgabe aller besetzten Gebiete, zuzustimmen.
Die Jugendlichen stehen jedoch den Arabern sehr differenziert gegenüber. 51 Prozent der Befragten wären bereit, sich mit Arabern zu befreunden. 39 Prozent hassen die Araber überhaupt nicht. 29 Prozent hassen einen Teil der Araber, und 17 Prozent hassen fast alle Araber. 87 Prozent der Jugendlichen glauben, das Endziel der Araber sei die Zerstörung des Judenstaates.
In den Augen der israelischen Jugend sind militärische Erfolge ausschlaggebend. 45 Prozent der Befragten sind bereit, freiwillig einer gefährlichen Kampftruppe beizutreten, 19 Prozent haben sich bereits einer solchen Kampfeinheit angeschlossen.
Interessant ist überdies, daß sich die israelische Jugend ihrer Heimat sehr verbunden fühlt. Die Frage: „Willst du außerhalb Israels leben?“ haben nur 4 Prozent mit Ja beantwortet.
Diese und ähnliche Befunde erweisen die israelische Jugend als verhältnismäßig konservativ. Sie bewegt sich mehr oder weniger in den Fußstapfen ihrer Eltern. Wenn Israels kommender Ministerpräsident sich vor die Aufgabe gestellt sehen wird, die junge Generation von der Notwendigkeit eines Rückzuges aus den besetzten Gebieten zu überzeugen, wird er hierbei noch weniger Erfolg haben, als er es heute hätte. Aber der Druck von außen wird dann noch größer sein und höchstwahrscheinlich das Land in eine schwere Krise stürzen.
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