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Okumene auf biblischem Boden

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Auf einem 15 Hektar großen dem Vatikan gehörenden Terrain zwischen Jerusalem und Bethlehem im früher jordanisch besetzten Gebiet des alten Palästina, ist mit dem Bau eines „Akademischen Institutes für die interkonfessionelle Annäherung der Christen" begonnen worden. Die Initiative zu diesem Akademischen Institut geht auf Papst Paul VI. zurück, der sie anläßlich seines Besuches im Heiligen Land zum ersten Male geäußert hat. Das Bauterrain liegt im Stadtgebiet des jetzt von den Israelis angegliederten Ost- Jerusalem: die Pläne stammen von Jussuf Churi, . einem Ostjerusalemer arabischen Architekten. Das Projekt sieht eine Kirche hochmodernen Baustils vor, dazu Bibliotheksgebäude und Vortragssäle sowie einen ausgedehnten Blumengarten mit idealem Ausblick auf Bethlehem. Die Finanzierung des Institutes hat ein überkonfessionelles, amerikanisches christliches Komitee übernommen: an der Spitze des Instituts wird der Sekretär der römischen Kongregation für die Einheit der Kirchen, der belgische Monsignore Möller, stehen.

In Israel wird es begrüßt, daß das Projekt trotz der inzwischen veränderten macht- und rechtspolitischen Situation durchgeführt wird. Man glaubt aus dieser Tatsache einmal mehr auf die Israelfreundlichkeit des Vatikans schließen zu dürfen, dessen schwierige Lage angesichts der Israelfeindschaft der arabischen Staaten man durchaus begreift. In diesem Sinn hat man sich im israelischen Außenministerium damit abgefunden, daß vorläufig diplomatische Beziehungen zwischen Israel und dem Vatikan nicht in Frage kommen, weil diese die großen Schwierigkeiten der Kirche in den arabischen Ländern noch vergrößern würden. Die guten Beziehungen auf höchster Ebene — der israelische Botschafter in Rom Ehud Avrlel wird zu allen offiziellen Veranstaltungen des Vatikans grundsätzlich eingeladen •— ermöglichen es heute auch einigen katholischen Priestern — vor allem solchen französischer Nationalität —, sich als Warner vor israelischen Illusionen zu betätigen, die „besetzten“ Araber für Israel zu gewinnen. Die Priester haben ihre Erfahrungen aus der Resistance in den besetzten Ländern während des zweiten Weltkrieges — und sie erklären verantwortlichen israelischen Stellen, daß deren Fairneß gegenüber den Arabern in den jetzt von der israelischen Armee als Faustpfand für die einmal erhofften Friedensverhandlungen gehaltenen Territorien nichts hilft. Bomben in Kinos schmuggeln und Autos mit Schulkindern auf Minen auf fahren zu lassen, gilt einer „Resistance" niemals als verwerflich, sondern als Heldentaten. Bestimmte Sympathien auf der ganzen Welt, die im Juni 1967 eindeutig auf Seiten Israels in seinem Kampf gegen den Würgegriff der arabischen Nachbarstaaten gewesen sind, gehen heute auf die andere Seite über, zu den Arabern in den besetzten Gebieten, die derzeit der „Underdog" sind, den man a priori bemitleidet. Man ist in verantwortlichen israelischen Stellen aufgeschlossen für die Erfahrungen dieser katholischen Priester — ohne mit ihnen freilich etwas anfangen zu können. Denn Israel hat — ohne daß es den Parolen seiner extremistischen „Bewegung für ein ,ganzes' Land Israel“ folgen möchte, das auch Amman, die Hauptstadt Jordaniens, das biblische Philadelphia, einschließen sollte — derzeit aus rein militärisch-taktischen Gründen keine andere Möglichkeit, denn als Besatzungsmacht zu fungieren, so unangenehm und unsympathisch ihm diese Rolle auch naturgemäß sein muß.

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