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Keine entscharfte Explosivitat

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Der bayrische Landtag hat kürzlich mit der Mehrheit der CSU-Abgeordneten den im Juli von mehr als einer Million Stimmbürger in dem Volksbegehren „Rundfunkfreiheit“ eingebrachten Änderungsantrag der bayrischen Verfassung abgelehnt. Begründet wurde diese negative Haltung damit, daß der vom überparteilichen „Bürgerkomitee Rundfunkfreiheit“ formulierte Gesetzentwurf mit seiner ausschließlichen Festlegung von Radio und Fernsehen auf öffentlich-rechtliche Anstalten gegen das Grundrecht der Meinungsfreiheit verstoße und deshalb verfassungswidrig sei. Da das Komitee, das im wesentlichen von SPD, FDP und den Gewerkschaften getragen wird, bereits Klage beim Bayrischen Verfassungsgerichtshof angekündigt hat, liegt nun die Entscheidung darüber, ob im Frühling der Gesetzestext dem Volk zur Abstimmung vorgelegt wird, bei diesem Gremium.

In ihrer Argumentation verweist die CSU-Landtagsfraktion darauf, daß es beim Volksbegehren nicht nur darum gehe, Privatfunk und Privatfernsehen von der Verfassung her zu verbieten, sondern daß dieses Verbot auch als Auftakt dafür betrachtet werden müsse, alle Kommunikationsmittel zu „vergesellschaften“. Außerdem ist die Rechtslage dadurch präjudiziert, daß im saarländischen Landtag bereits vor Jahren ein Gesetz verabschiedet wurde, das die Möglichkeit eines privaten Senders ausdrücklich zuläßt.

Außerdem ist zu berücksichtigen, daß die CSU weitgehend selbst für ihre jetzige Bedrängnis auf rundfunkpolitischem Gebiet verantwortlich ist. Die in der Novellierung des bayrischen Rundfunkgesetzes durchgesetzte massive Aufstockung der Parteienvertreter im Rundfunkrat hat sich inzwischen eindeutig als voreiliger und unglücklicher Schachzug erwiesen, den die Initiatoren des Volksbegehrens geschickt zum Anlaß nahmen, in ihrer Gesetzesvorlage nur ein Drittel von politischen Vertretern in diesem Gremium zu fordern und damit ein indirektes Verbot der Privatsender zu koppeln.

Vor einigen Wochen schien sich noch die Möglichkeit eines Kompromisses abzuzeichnen, als der Senat vorschlug, die Verfassung dahingehend zu ändern, daß Hörfunk und Fernsehen „nur in öffentlicher Verantwortung“ betrieben werden sollten; die rechtliche und organisatorische Struktur der Sender könnte seiner Meinung nach durch einfache Gesetze des Landtags — allerdings mit Zweidrittelmehrheit — geregelt werden. Auch die Junge Union machte sich für eine solche Lösung stark.

Da jedoch SPD und FDP wenig Neigung zeigten, ihren durch das Volksbegehren erreichten Prestigevorsprung wieder preiszugeben, und auch in der CSU wenig Bereitschaft bestand, sich der Klausel mit der Zweidrittelmehrheit zu beugen, ging die harte Konfrontation weiter.

Der Streit geht somit weiter. Und Franz-Josef Strauß, der sich entschlossen hat, mehr in die bayrische Politik direkt einzugreifen, wird alle Mühe haben, die Medienpolitik der CSU soweit zu entschärfen, daß sie sich bei den entscheidenden Landtagswahlen von 1974 nicht allzu ungünstig auswirkt.

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