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Kommt nach der chinesischen Folter der Wunderwuzi?
Die Obmannsuche in der ÖVP geht weiter. Die Frage, wofür diese Partei heute wirklich steht, ist in den Hintergrund getreten. Ob das neue ÖVP-Parteiprogramm, an dem seit Monaten unter der Federführung von Verteidigungsminister Werner Fasslabend gebastelt wird, Aufschluß geben wird, ist fraglich. Denn schöne Worte, wie sie so ein Text üblicherweise enthält, kann man auch jetzt schon in vielen Sonntagsrederr von ÖVP-Politikern hören („christlich”, „sozial”), was sie in der Praxis gelten, ist allerdings höchst umstritten.
Bekanntlich wird die ÖVP-Politik in jüngster Zeit gerade aus christlichen Reihen - und zwar nicht nur vom „grünen” Theologen Severin Renoldner, sondern auch zum Beispiel vom Katholischen Familienverband, von christlichen Gewerkschaftern und Arbeiterseelsorgern, ja sogar von Bischöfen — kritisiert.
Ist nun der derzeitige Obmann, Erhard Busek, an allem schuld? Ist mit seiner Ablöse alles getan? Oder ist er nur der Sündenbock, dem nun alle ÖVP-Fehler der letzten Zeit aufgeladen werden? Gegen die Art und Weise, in der die so gerne „christliche Werte” beschwörende ÖVP derzeit - wieder einmalihren Obmann demontiert, dürften sich jedenfalls Methoden der chinesischen Folter harmlos ausnehmen. Man erinnert sich an Josef Riegler, der bei seinem Abgang gesagt hat, er habe zuletzt nur noch zwei Menschen in der Parteispitze vertrauen können.
Mit Mißtrauen und Intrigenspielen innerhalb der Parteiführung wird die ÖVP nach außen nie glaubwürdig wirken. Es nützt auch nichts, den Kapitän auszuwechseln, wenn man nicht weiß, wohin das Schiff wirklich steuert. Derzeit scheint der Machterhalt das einzige allen gemeinsame Ziel zu sein, aber das ist viel zu wenig. Es geht dar-
um, programmatische Ziele zu definieren und geradlinig darauf Kurs zu nehmen. Dazu gehören auch klare Aussagen über das künftige Verhältnis zum Regierungspartner, aber auch zu den Freiheitlichen. Zumindest diesbezüglich weiß man bei Erhard Busek, woran man ist. ' Vor der Obmannfrage muß die Frage der Linie geklärt werden. Versuche, nur irgendeinen Strahlemann oder Wunderwuzi aus dem Hut zu zaubern, der über die Kon-turenlosigkeit der gegenwärtigen ÖVP-Politik und die Diskrepanz zwischen Worten und Taten hinwegtäuscht, sind von vornherein zum Scheitern verurteilt.
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