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Alte Intrigen in der neuen Volkspartei

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Sommer 1993: Die ÖVP bietet das gewohnte Bild. Jedes politische Thema wird von verschiedenen Repräsentanten der kleinen Regierungspartei derart kon-troversiell diskutiert, daß man meinen könnte, die Partei habe sich endgültig in ihre bündischen Bestandteile zerlegt.

Ingrid Korosec sagt Ja zum Aufenthaltsgesetz, Michael Graff lehnt es ab. Maria Rauch-Kallat will den Benzinpreis um 1,20 Schilling je Liter anheben, Wolfgang Schüssel sagt Nein. Erhard Busek sinniert laut über eine Öko-Steuer auf Gas, Johannes Ditz warnt davor, ein „Belastungsgefühl in der Bevölkerung zu erzeugen”. Die Liste parteiinterner Streitthemen ließe sich beliebig fortsetzen: Karenzgeld („einfrieren” oder nicht), Arbeitslosenversicherungs-Beiträge (erhöhen oder nicht)...

Auch im personellen Bereich hat die Volkspartei wenig dazugelernt: An der Spitze des niederösterreichischen ÖAAB, stets eine sichere Hausmacht für ambitionierte Landes- und Bundespolitiker, steht eine Wachablöse bevor. Langzeitobmann Robert Lichal macht sich Gedanken über seine Nachfolge, der logische Kandidat, Werner.Fassl-abend, ist ihm - und anderen Landesgrößen - aber nicht genehm. Grund dafür ist das ,.Nachfolger-Syndrom”, wie ein prominenter Parteifreund anmerkt: Ex-Verteidigungsminister Lichal ist davon überzeugt, das Heeresressort besser führen zu können als Fasslabend.

Also wird Fasslabend so lange als „logischer Nachfolger” genannt, bis er es eben nicht mehr ist. Ein für die ÖVP klassisches Denkmuster.

So weit, so gut, könnte man denken. Die ÖVP hat sich immer schon den Luxus einer breiten Meinungsvielfalt geleistet und auch ihre Personalentscheidungen waren stets von phantasievollen Ränken begleitet. Die „ÖVP neu” ist eben doch nicht so neu, wie sie gerne sein möchte.

Weit bedenklicher ist, daß die ÖVP ein Jahr vor der Nationalratswahl ihre Perspektive verloren hat. Parteichef Busek weiß, daß seine Partei die SPÖ nicht überholen wird können. Daher wird tiefgestapelt: Es wäre bereits ein Erfolg, wenn die ÖVP weniger verliert, als der Koalitionspartner.

Eine große inhaltliche Linie ist in der ÖVP - angesichts der Streitereien um Einzelfragen - nicht auszumachen. Was bleibt, ist der Wille zur Erhaltung der (Regierungs-)Macht. Ob das aber ausreichen wird, eine weitere Wahlniederlage zu verhindern, ist zu bezweifeln.

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