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Wenn sich die Tische unter opulenten Mahlzeiten biegen und den anwesenden Journalisten auch sonst jeder menschliche Wunsch von den Augen abgelesen wird, spricht man in Österreich von „guter pr“. Es werden ihrer ständig mehr, die sich professionell der Befriedigung solcher Wünsche hingeben — pr-Agenturen, freie pr-Agenten, Pressekonsulenten usw., usw. Es ist Platz für sie alle, denn dieser Markt ist, vor allem was die noch „unerschlossenen“ prospektiven Kunden angeht, relativ groß.

Der Schönheitsfehler vieler New-comber — und auch einiger „alter Hasen“ — scheint in ihrer offensichtlichen Uninformiertheit darüber zu liegen, daß sie nicht public relations, sondern eine 'simple Mischung zwischen „Schleichwerbung“ und abseitiger „Geschenkverteilung“ betreiben. Dies können sie freilich nur, weil es auf der anderen Seite — der Presse — gleichgesinnt« Partner gibt. Und das Ergebnis: Österreichs berufsmäßige „Imagemacher“ haben ein denkbar schlechtes Image.

Der Angelpunkt dieses Problems dürfte wohl darin liegen, daß man — siehe oben — hierzulande völlig falsche Vorstellungen von public relations, der „Kunst“ von der Gestaltung der Beziehungen zur Öffentlichkeit also, hat. Selbst Leute, die an den Schaltstellen des öffentlichen Meinungsverkehrs sitzen, sehen darin keine notwendigerweise subjektiv gefärbte Selbstdarstellung von Unternehmungen, Institutionen und Vereinigungen, die durch die wiederum notwendigerweise subjektive Behandlung durch Multiplikatoren (etwa der Presse) mitunter eine gewisse Objektivierung — oder auch das Gegenteil davon — erfährt. Nein, es gibt bei uns sogar Chefredakteure, die meinen, pr sei der Dank, den man eifrigen Inserenten in Form der Aufnahme von Reklametexten in den redaktionellen Teil ihres Blattes abstattet. Diese Herren wissen, daß die Position ihres Blattes am Werbeträgermarkt nicht mehr die Stärkste ist und glauben sich nun damit abfinden zu müssen, daß (schon wieder notwendigerweise) eine Hand die andere zu waschen habe.

Doch selbst bei Gegnern dieser Praxis läßt sich abgrundtiefes Unverständnis registrieren: „So finden ausgesprochene p.-r.-Texte Eingang in den Wirtschaftsteil der Zeitung, wobei der beschenkte Redakteur seine Dankbarkeit nicht zuletzt dahingehend ausdrückt, daß er einfach darauf „vergißt“, den Werbetext mit dem erforderlichen Zeichen — einem + — vom übrigen Textteil abzuheben“, konnte man etwa unter dem Titel „p.-r.-Journalismus“ im Heft 2/ 72 der „Information und Meinung — Zeitschrift der österreichischen Journalisten in Verbindung mit den Instituten für Publizistik (schau, schau, Anm. d. Verf.) Wien und Salzburg“ lesen. „p.-r.-Text“ und „Werbetext“ ist bei der institutsverbundenen Zeitschrift offenbar dasselbe.

Schleichwerber, die ihre Arbeit für public relations halten, machen mit ebenso uninformierten Zeitungsbossen und einflußreichen Redakteuren über „Druckkostenbeiträge“ und zumindest etwas zu groß geratene „Pressegeschenke“ nicht leicht zu definierende Geschäfte, worauf wiederum unwissende Kritiker die wirkliche pr-Branche pauschal diffamieren.

Sicher, es ist nicht einfach, zwischen Werbung und public relations bis ins letzte Deatil zu unterscheiden, doch gerade den Kritikern aus dem Journalismus sei gesagt (wenn diese simple Reduzierung gestattet ist), daß man einerseits als Inserent der Öffentlichkeit mitteilen kann, was einem selbst gefällt und daß anderseits jeder Journalist die Möglichkeit hat, eine p.-r.-Aussendung etwa nachzurecherchieren, zu verändern oder mit einem eigenen Kommentar zu komplettieren.

Es ist übrigens bei einigen österreichischen Zeitungen — besonders jenen, die wirtschaftlich zu kämpfen haben — mitunter die fatale bis journalistisch indifferente Haltung festzustellen, daß eine interessante Meldung über einen potentiellen Inserenten nur dann interessant erscheint, wenn dieser auch wirklich inseriert — sieht man von Berichten über krumme Geschäfte oder Konkursverfahren ab. Ansonsten mißt man bei den Angesprochenen dem Sturz der Radfahrerin Rosa X. den höheren Informationsgehalt zu als beispielsweise den Exportaufträgen heimischer Unternehmen.

Doch es beruht auch hier alles auf Gegenseitigkeit. Deshalb war hier auch bislang nur von den relations zu den Massenmedien die Rede, die eigentlich nur ein Detailbereich innerhalb der p.-r.-Palette sind, wenn man an innerbetriebliche relations, relations' zu Aktionären usw., oder aber an die vielen public-relations-Möglichkeiten denkt, die allein im Auftreten einer gesamten Belegschaft — vom Generaldirektor bis zum Portier — gegenüber der Öffentlichkeit liegen. Mit der systematischen Behandlung solcher Selbstdarstellungsversuche, die vom Aktienkurs eines Unternehmens an der Börse bis zu Arbeitsmarktproblemen einen gewissen Einfluß auf den Lauf der Dinge ausüben, die also das Ge-

Samterscheinungsbild eines Unternehmens, einer Institution, einer Vereinigung prägen, befassen sich in Österreich höchstens fünf bis sechs Agenturen. Der Rest gefällt sich darin, für gar nicht wenig Geld den „Hausdichter“ und Briefträger zu Zeitungsredaktionen für seine Auftraggeber zu spielen. Doch selbst dabei (siehe ganz oben) sollen opulente Mahlzeiten und Geschenke, die in keinem Zusammenhang mit der Sache stehen (besonders die Autoindustrie hat es hier mit etlichen Motorjournalisten zu einer negativen Meisterschaft gebracht), den fehlenden Informationsgehalt von „Waschzetteln“ und Pressekonferenzreferaten wettmachen. Auch dazu muß festgehalten werden, daß es genug gute

Journalisten gibt, die lieber in einem Beisl bei Bier und Gulasch eine gute Story hören, als Reklamegeschwätz bei einem Diner im Sacher.

Und das Fazit von all dem: Die public-relations-Branche wird sich in ihrem ureigensten Aufgabenbereich mehr um sich selbst kümmern müssen, denn pr wird immer aktueller (denkt man etwa an die Diskussion, wer für Umweltschäden haftbar zu machen sei) und wichtiger, Weshalb es mehr public-relations-Spezialisten braucht, die wissen, was sie tun — und mehr Partner, die die Arbeit der ersteren in richtiger Relation sehen.

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