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,Mimsterverantwort-lichkeit bleibt unberührt'

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Die FURCHE beschäftigte sich in der letzten Nummer, unter dem Titel „Kreisky, Kreisky und sein Team“ mit dem neuen Kompetenzgesetz. Der Bundeskanzler schickte uns dazu eine Stellungnahme, die sich mit der Problematik des Gesetzes und seinen Vorstellungen beschäftigt:

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Die FURCHE beschäftigte sich in der letzten Nummer, unter dem Titel „Kreisky, Kreisky und sein Team“ mit dem neuen Kompetenzgesetz. Der Bundeskanzler schickte uns dazu eine Stellungnahme, die sich mit der Problematik des Gesetzes und seinen Vorstellungen beschäftigt:

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Nach dem Bundesministeriengesetz 1973 wird sich die Stellung des Bundeskanzlers gegenüber der bestehenden Rechtslage (Paragraph 11 des Gesetzes vom 11. Dezember 1918, StGB'l. Nr. 139) nur insofern ändern, als die übrigen Mitglieder der Bundesregierung den Bundeskanzler über die Besorgung der in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Geschäfte laufend und zeitgerecht zu informieren haben werden — was aber in der Praxis zumindest in den letzten Jahren bereits immer erfolgt ist. Die Koordinationskompetenz des Bundeskanzlers an sich wird aber gegenüber dem seit 1918 bestehenden Rechtszustand nicht modifiziert; sie wird in diesem Gesetz als „Hinwirken auf die Wahrung der Einheitlichkeit der allgemeinen Regierungspolitik und auf das einheitliche Zusammenarbeiten der Bundesministerien in allen politischen Belangen“ umschrieben und ist — wie es Universitätsdozent Doktor Ludwig Adamovich kürzlich treffend formuliert hat — als „Versuch der Herbeiführung einer Willensübereinstimmung“ zu verstehen. Es kann daher überhaupt kein Zweifel daran bestehen, daß das Institut der sogenannten „Ministerverantwortlichkeit“ völlig unberührt bleibt.

In diesem Artikel erfolgt jedoch In juristischer Hinsicht eindeutig eine Verwechslung der Koordinationskompetenz mit der — zum Beispiel in der BRD bestehenden — Richtlinienkompetenz, die allerdings ein Verhältnis der Uber-und Unterordnung voraussetzt, welches im österreichischen Verfassungssystem, das den Bundeskanzler als primus inter pares versteht, undenkbar ist.

Was nunmehr die Einrichtung der sogenannten Kabinette beziehungsweise Ministersekretariate anbelangt, so haben bezüglich des Kabinetts des Bundeskanzlers Hochschulprofessor Dr. Manfred Welan und Staatssekretär a. D. Dr. Heinrich Neisser in ihrem hervorragenden Buch „Der Bundeskanzler im österreichischen Verfassungsgefüge“ (Wien, 1971, S. 157 ff.) die Berechtigung solcher Einrichtungen und ihre Funktion in treffender Weise dargelegt und auch erläutert, welche Gründe — ihrer Auffassung nach leider — deren weiterem Ausbau entgegenstehen.

In diesem Zusammenhang sei bemerkt, daß der unter meinem Amtsvorgänger Bundeskanzler Dr. Klaus auf Grund des Begutachtungsverfahrens ausgearbeitete Entwurf (vom 10. Dezember 1968) in seinem Paragraph 6 Absatz 5 eine dem nunmehrigen Bundesministeriengesetz 1973 entsprechende Bestimmung enthalten hat.

Die Stellung der beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof) sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht kann doch weder derzeit noch in Zukunft (nach dem Inkrafttreten des Bundesministeriengesetzes 1973) als eine „starke Abhängigkeit der Höchstgerichte vom BKA“ angesehen werden. Nach den einschlägigen Bestimmungen werden zwar die Angelegenheiten des nichtrichterlichen Personals sowie die sachlichen Erfordernisse unter der Verantwortlichkeit des Bundeskanzlers geführt, diese Bestimmungen werden aber in der Praxis äußerst liberal gehandhabt. Aus diesem Grunde hat auch der Vertreter der Bundesregierung im Ausschuß die verbindliche Erklärung abgegeben, daß nach Auffassung der Bundesregierung der derzeit bestehende Zustand sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht durch das Bundesministeriengesetz 1973 unverändert bleibt.

Was schließlich die Erhöhung der Dienstpostenzahl betrifft, so ist zu bemerken, daß der Dienstpostenplan lediglich Auskunft über einen Sollstand gibt und nichts über die Zahl der tatsächlich besetzten Dienstposten aussagt. Vor allem darf aber nicht übersehen werden, daß hievon zum Beispiel allein auf dem Sektor Unterrichtswesen, Kultur und Forschung (ohne Landeslehrer) neue Dienstposten für zirka 370 Hochschullehrer, für zirka 810 Assistenten und für zirka 3600 Lehrer (jeweils gegenüber 1970) entfallen. Im Interesse eines zügigen Ausbaus und der Modernisierung des Fernsprechnetzes wurden weiters der Post zirka 3000 zusätzliche Dienstposten bewilligt.

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