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Mitte als Ergänzung

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Aus den Trümmern zweier Weltkriege eine europäische Mitte zu erbauen, ist ein Unterfangen, das mittlerweile zwar von großen Zeitungen und Zeitschriften der USA gewürdigt wird, das aber kaum Chancen auf baldige Verwirklichung haben dürfte.

Das Internationale Institut für Nationalitätenrecht und Regionalismus, kurz Intereg, dessen Ehrenpräsident der frühere bayrische Ministerpräsident Alfons Goppel ist, und dem von österreichischer Seite Felix Ermacora und Theodor Veiter angehören, hat Ende Oktober in Wien das erste einer geplanten Reihe von Symposien zum Thema „Frieden, Sicherheit und Selbstbestimmung in der Mitte Europas“ veranstaltet.

Zunächst ging es um die Frage nach der Rolle des Nationalstaates in Vergangenheit und Gegenwart. Ohne sich auf Begriffsdebatten einzulassen, ob es sich bei dem geographischen Raum um „Mittel-“ oder „Zentraleuropa“ handelt, wurde darauf hingewiesen, daß sich die Mitte Europas in zwei Weltkriegen selbst zerstört habe und nicht mehr einfach durch Rückkehr zu irgendeinem Status quo ante wiedererstehen könne.

Die Rolle des Nationalstaates, das konnte nicht geleugnet werden, war zunächst positiv bestimmt (siehe Seite 14). Denn schließlich hat jedes Volk das Recht, sich staatlich selbst zu bestimmen und zu verwirklichen. Das war ja auch der Grundgedanke der 14-Punkte-Politik des US-

Präsidenten Woodrow Wilson.

Problematisch wird die Selbstbestimmungsidee bei ihrer Verwirklichung, da die Völker und Nationen ja nicht fein abgegrenzt nebeneinander wohnen. Mit der Idee des Nationalstaates hat sich in Mitteleuropa sofort das Problem der Hegemonie des größten Volkes der Mitte, der Deutschen, gestellt. Wie bei dem Symposion festgestellt wurde, hat das deutsche Hegemonialstreben ,4m Endergebnis die Völker gegeneinander geführt und den gemeinsamen Ruin vorbereitet“.

In national nicht homogenen Staaten haben außerdem demokratische Mehrheitsbeschlüsse zu Entrechtungen bei Minderheiten geführt.

Das auszusprechen und darüber zu reden, war Sinn des Symposions. Nicht um Schuldzuweisungen ging es, sondern um einen gemeinsamen Erkenntnisprozeß.

Und in diesem Prozeß spielt die Notwendigkeit einer immer größeren Kooperation aller Staaten und Völker dieser Großregion (siehe Seite 14) eine bedeutende Rolle.

Beim Symposion wurde als Grundeinsicht festgehalten, daß diese Region nie mehr Schauplatz einer bewaffneten Auseinandersetzung werden dürfe, daß von der Mitte Europas auch keine De-stabilisierung der beiden Militärbündnisse in Ost und West ausgehen dürfe.

Die Mitte soll Ergänzung jenes europäischen Rahmens sein, der mit EG und Europarat mittlerweile geschaffen wurde.

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