Wütend schlägt der Föhnsturm die Meereswellen gegen die Athosküste. Die Schifffahrt ist eingestellt. Den Klöstern bleibt eine kurze Entspannung im Pilger-Andrang. Eben noch war Bartholomaios I. hier, der Patriarch von Konstantinopel, und tausend Gäste mussten in einem einzigen Kloster versorgt und untergebracht werden. Jetzt aber ist Durchatmen angesagt – goldene Tage für die Seelen und die auf Stille hoffenden Herzen. Und, im 33. Jahr meines Kommens, auf Zeit für Zeichen der herzlichen Nähe. Nirgendwo sonst erlebe ich ein so immerwährendes „Kyrie eleison“ und „Halleluja“ – und „jenen Platz, an dem nur die Liebe zählt“, wie mein wunderbarer Abt sagt.
Noch ist der Heilige Berg der christlichen Ostkirchen mit seinen 20 Großklöstern und vielen Mönchssiedlungen eine begnadete Insel der großen Geheimnisse in unserer Zeit der Wirrnis, um deren Überwindung die Mönche hier ein Leben lang bitten und beten. Und doch: Auch am Athos ist die Welt von heute nicht mehr „ganz vergessen“, wie es lange Zeit geheißen hat, sondern Tag für Tag lebendig – in ihrer ganzen Ambivalenz von Segen und Fluch.
Rettung vor den Besuchern
Da ist zum einen der Pilgerstrom – seit Ende des Sowjet-Imperiums ist er größer denn je. Über 100.000 Besucher bitten, so heißt es, jährlich um Einlass – redend, rauchend, telefonierend in Klosterhöfen – und bedrohen so diese „Gegenwelt“ von Frömmigkeit und Stille. Immer öfter ziehen sich Mönche noch weiter zurück, um ihr Glaubensleben zu retten. Vor allem in die Nächte hinein. Da ist viel Aufbau und Aufbruch, auch mit EU-Millionen. Sie haben den Athos vor dem Verfall der Klöster und dem Aussterben bewahrt, haben Männern aus aller Welt ein Mönchsleben in Würde ermöglicht. Zugleich aber ist die Frage nicht zu unterdrücken: Braucht Gott so viele neue Kapellen auf engem Raum, so viel Marmor und Beton?
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