Ein Fest - gegen den Frust

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Da war Enttäuschung und Bitterkeit: Unterwegs über den Berg Athos, den Heiligen Berg der Ostkirchen, hatte mich im Vorjahr der Abt eines der Klöster buchstäblich vor die Türe gesetzt: "Nein, kein Streit", sagte er, "aber auch keine Gemeinsamkeit mit Katholiken." Zu dunkel sei die Erinnerung an Vergangenes.

Die Erleichterung und Freude folgte rasch: War es nur der Zufall, der mir schon am nächsten Tag - und in einem anderen Athos-Kloster - das wunderbare Buch "Die Vision des Papstes" in die Hände legte? Geschrieben 1975 von einem protestantischen Theologen. Und zunächst kaum beachtet - bis es Kardinal König erneut veröffentlichen ließ.

Zerrissenheit und Vielfalt

Es ist die Geschichte eines Papstes, der in Visionen seinen Auftrag erkennt, die gespaltene Kirche Christi wieder zusammenzuführen. Der - auf der Flucht vor der eigenen römischen Kamarilla - als schlichter Pilger in Jerusalem die tiefe Zerrissenheit, aber auch die faszinierende Vielfalt des Christentums entdeckt. Und der dort - inkognito und unerlaubt - bei den Orthodoxen die Eucharistie, bei den Protestanten das Abendmahl mitfeiert. Mit recht turbulenten Folgen …

An all das musste ich diese Woche denken, als die christlichen Kirchen - alle! - in Wien zum großen Fest geladen hatten: Fünfzig Jahre Ökumene in Österreich. Auch der Bundespräsident war gekommen, um sein "Danke" zu sagen: im Wissen, dass Staat und Kirche - trotz aller Trennung - letztlich "im selben Bergwerk" arbeiten. Im Dienst an denselben Menschen, die ja zugleich Bürger und Gläubige sind.

Fünfzig gemeinsame Jahre waren jetzt zu feiern - immer geprägt vom Willen, trotz aller Verschiedenheit zueinander zu kommen und beisammen zu bleiben. Ein historischer Schritt, gerade in Österreich mit seinen geschichtlichen Belastungen. So ist die Ökumene in diesem Land eine "Erfolgsstory" geworden. Und ihre täglich gelebte Normalität ist so selbstverständlich, dass es bisweilen der Querschüsse ferner Kirchenleitungen bedarf, um das hierorts Erreichte wieder erkennen und schätzen zu lernen.

Und doch: Bei aller Partnerschaft der österreichischen Kirchen - ja vielleicht gerade deshalb - bleibt eine schmerzhafte Erkenntnis: Was hier in fünf Jahrzehnten ökumenisch aufgebrochen ist - theologisch wie menschlich - und inzwischen vielerorts auch an der Pfarrbasis gelebt wird, das findet in der großen, globalen Kirchenpolitik noch kaum eine Entsprechung; findet jedenfalls nicht den Durchbruch durch die altbekannten Barrieren, der nur dort nachhaltig geschehen kann.

Die Ungeduld wächst

Auf dem langen Weg zur sichtbaren Einheit aller christlichen Konfessionen ist bisher zu wenig bleibender Bodengewinn gelungen. Im Gegenteil: Die große Konferenz-Ökumene hat sich vielfach totgelaufen. Dialogmüdigkeit und Konsensverdrossenheit liegt, jenseits vieler schöner Worte, in der Luft. Und die Ungeduld wächst - vor allem bei jenen, die der grassierenden "Verdunstung des Religiösen" widerstehen und die von tiefer Sehnsucht erfüllt sind, mit den Bruder- und Schwesterkirchen endlich in geschwisterlicher Gastfreundschaft leben zu dürfen.

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