6879339-1979_04_02.jpg
Digital In Arbeit

Zur Einheit der Christen

Werbung
Werbung
Werbung

Eben hatte ich einen nicht ganz optimistischen Artikel über den Sinn oder die Sinnlosigkeit von Glaubensgesprächen mit Andersdenkenden geschrieben, da wurde ich daran erinnert, daß am 18. Jänner die Gebetswoche für die Einheit der Christen begonnen hat. Dieses Unterfangen beruht darauf, daß die verschiedenen christlichen Konfessionen seit einiger Zeit den Mut und die Aufgeschlossenheit aufbringen, wirklich miteinander zu reden, Gemeinsames aufzufinden und Verschiedenheiten nicht unbedingt als trennend zu empfinden, ja Achtung vor den Riten und Gebräuchen der anderen aufzubringen.

Ich glaube, jeder wirkliche Christ, ob Katholik, Protestant oder Orthodoxer, muß sich freuen, wenn er hört, was sich jetzt tut. Ich glaube auch, daß wir alle, auch gerade wir Mitglieder der Ostkirche, uns innig über die Wahl Karel Wojtylas gefreut haben, denn das „Tor nach dem Osten“ hat sich damit wieder etwas mehr geöffnet. Er selbst spricht auch immer wieder vom Aufmachen der Tore, um Gott hereinzulassen. Wie schön, wenn wir das alle zusammen tun können, jeder auf seine Art!

Ende Oktober schrieb mir z. B. ein evangelisches Mädchen und fragte an, ob ich mich auch so über die Wahl

„unseres“ Papstes (wie sie sich ausdrückte) freue. Und nun hört man, daß Roger Schutz mit seinem „Konzil der Jugend“ sogar schon Vorschläge macht, den Papst zum „pastor omnium“ zu machen. Ich weiß nicht, wie so etwas sich in der Praxis durchführen ließe, und habe die genaueren Ausführungen des Taizeers nicht gehört. Aber Grund zur Freude ist da, trug doch bei der Amtseinführung des Papstes ein orientalischer Patriarch das Evangelium zum Altar.

Die letzte ökumenische Morgenfeier im Radio am 14. Jänner war auch von dieser Stimmung der Versöhnlichkeit getragen. Und es war er-

freulich, daß Dr. Larenzakis meinte, es seien eigentlich nur gewisse theologische Spitzfindigkeiten, die trennend zwischen Katholiken und Orthodoxen stünden.

Freilich, das Papsttum hält er noch für ein ernstliches Hindernis. Und dieser Ansicht werden auch viele andere sein. Sollte aber Frere Roger trotzdem einen gangbaren Weg gefunden haben, wie er in seiner Kirche schon die schönsten kultischen Gebräuche aller drei großen Konfessionen miteinander verbunden und als Protestant Ikonen in seinem Gotteshaus aufgestellt hat?

Man hört es gerne, daß Johannes Paul II. als Bischof

oder Erzbischof schon zweimal in Taize war und auch den Besuch von Frere Roger in Polen empfangen hat. Solche Verbindungen lassen Hoffnung in den Menschenherzen aufleben. Und man stimmt gern in den Chor jener ein, die die Sache der Ökumene zu der ihren gemacht haben. So betet man, auch als Orthodoxer, gerne für den Papst, es möge ihm die nötige Kraft und Weisheit, Umsicht, Demut und Liebe für sein schweres Amt verliehen werden.

Was hätte wohl sein lächelnder Vorgänger zu alldem gesagt? Leider habe ich bisher in seinen „Briefen an berühmte Persönlichkeiten“

noch keinen an einen griechischen oder russischen Kirchenfürsten oder Heiligen gefunden. Vielleicht müßte man so ein Gespräch erst erfinden, oder würde er sogar lieber mit einem politischen Machthaber sprechen, wie dies Morris West in seinem Roman „In den Schuhen des Fischers“ verwirklicht hat?

Jedenfalls hat der gebildete und feinsinnige Vorgänger des Papstes seinen Tolstoi gut gekannt und geschätzt. Uber den Dialog sagt er übrigens, er habe nicht die Wirkung eines Zauberstabes, sei aber sinnvoll und gut, wenn ihn die Beteiligten in einem Klima des gegenseitigen Vertrauens führten. Eben auf dieses Vertrauen kommt es an, und darum muß man bitten,-wenn man diese Woche wirklich ernst nehmen will. Oder wie Albino Luciani in seinem Brief an Franz von Sales sagt: .....um durch liebendes Gebet zu Gott zu fliegen.“

Laßt uns also Achtung voreinander und Vertrauen zueinander haben, das Eigene behalten und das Fremde akzeptieren, damit das scheinbar Unmögliche doch einmal wahr wird oder wenigstens in den Bereich des Möglichen rückt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung