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Ohne Opfer kein Frieden

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„Endspiel in Bosnien. Haben die Serben schon gewonnen?“ fragt das US-Nachrichtenmagazin „Newsweek“ in seiner neuesten Ausgabe. In der Tat, nichts deutet auf das Gegenteil hin. Dabei ist es unerheblich, daß serbische Politiker beziehungsweise die neue „Führungsriege“ Restjugoslawiens beteuern, den Krieg eigentlich gar nicht zu wollen. Das Morden geht tausendfach weiter, die Kontrolle über die Tschetnik-•beziehungsweise Ustascha-Nachfolge-Banden haben bestenfalls die lokalen selbsternannten Führer. Das einzige, das wirklich sicher ist: der Mensch wird am Balkan mit Füßen zertreten.

Diplomatische! Aktivitäten haben sich in diesem Krisenherd stets als unzureichend erwiesen, sind immer zu spät gekommen. Während man in Brüssel und anderswo über den Status quo verhandelte, hatte die Sprache der Gewalt bereits neue Verhältnisse geschaffen.

Aber haben wir, hat Europa, der Westen, das kleine Österreich nicht schon genug getan? Da wurde gespendet, LKW um LKW ging gegen Südosten, die armen Flüchtlinge haben wir wie Brüder und Schwestern aufgenommen. Stimmt alles, war unausweichlich und wurde, schließlich mit Zähneknirschen auch von manchen Regierungen nicht wohlwollend zur Kenntnis genommen.

Der Brand mitten in Europa wurde damit aber nicht gelöscht. Manche meinten sogar, mit einer gewissen Offenherzigkeit gegenüber den Kriegsflüchtlingen habe man Serbiens Politik des „ethnic cleansing“ in die Hände gespielt. Was ein großer Unsinn ist, galt es doch wenigstens die ärgsten Brandfolgen zu mildem.

Bleibt der Staatengemeinschaft jetzt nichts anderes mehr übrig,- als- „mit allen notwendigen Mitteln“, wie es dürr in der neuen Resolution 770 des Sicherheitsrates heißt, die humanitäre Hilfe sicherzustellen? Andere Optionen sind von der Weltgemeinschaft überhaupt nicht vorgesehen, eine Militärintervention ist nach wie vor Utopie.

Wenn die Weltgemeinschaft wirklich diesen Krieg am Balkan beenden und nicht bloß Zuschauer vom hohen Roß der Menschenrechte herab bleiben will, dann wird man mit Serbien eine klare Sprache sprechen müssen. Dann werden aber auch jene, die für ein militärisches Eingreifen votieren - dazu zählt offenbar auch der Papst - den Menschen im Westen sagen müssen, daß sie bei weitem noch nicht alles für Bosnien getan haben, daß ihnen noch viele Opfer abverlangt werden müssen. Denn bloß unbestimmt Taten gegen den Aggressor zu fordern, hilft genausowenig wie das bisherige Gefasel von Frieden und Menschenrechten in Europa.

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