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Organisiert oder einsam?"
eigentlich müßte die Sprache als Mittel neutral sein. Natürlich ist sie es nicht, denn viele Wörter haben einen guten oder einen schlechten Klang, je nach dem Inhalt, den sie repräsentieren. Oder wie es im modernen Fach-Chinesisch heißt: sie sind positiv oder negativ besetzt. Für politische Manipulatoren ist diese Erkenntnis heute wesentlicher Teil ihrer Strategie.
Für mich ist so ein Negativ-Wort das Wörtchen „man". Es steht für mich für anonyme Masse, Intrige, Vorurteile, falsche Tabus, Widerstand gegen sinnvolle Reformen: „Man tut das nicht...", „Man sagt...", „Man erzählt sich ...", „Man ist dagegen ..." usw.
Ein einfaches Mittel, um angeblich allgemeines Interesse vor den eigenen Karren zu spannen. Denn die Mehrheit hat immer recht. Ein falscher, ja unheilvoller Schluß aus den notwendigen Machtstrukturen der Demokratie. Politiker aller Schattierungen greifen gerne zu diesem Mittel von den sattsam bekannten Formeln von der „Unruhe in den Betrieben" bis zum „gesunden Rechtsempfinden des Volkes".
Dies alles muß für einen Christen unbefriedigend sein. Denn für ihn gilt die Botschaft vom Menschen als einzigartiger Persönlichkeit, wo keine der anderen gleicht. Die Botschaft von der Freiheit des Menschen und der daraus entstehenden persönlichen Verantwortung, die nicht abwälzbar ist.
Daher heißt es auch in den Zehn Geboten nicht unpersönlich: „Man soll ...", sondern ganz persönlich „Du sollst ...". Und im Glaubensbekenntnis nicht: „Wir glauben ...", sondern „Ich glaube ...". Eine unangenehme Botschaft für alle jene, die ihre Verantwortung gerne an Gruppen delegieren oder noch besser gleich an den Staat.
Natürlich muß es Gruppen und Interessenvertretungen
geben. Die Probleme beginnen aber beim Verhältnis des einzelnen zu diesen Gruppen, ob er nun inner- oder außerhalb steht. Vor allem dann, wenn das diskussionswürdige Postulat „Die Gruppe ist mehr als die Summe ihrer Mitglieder" zu „Die Gruppe ist alles, der einzelne ist nichts" kollektivistisch pervertiert wird. Aber auch, wenn jene, die außerhalb dieser Gruppen stehen, zusehen müssen, wie die Gruppen es „sich richten". Soziologen
orten dann 'Staatsverdrossenheit, politisches Desinteresse, Gleichgültigkeit. Und viele sehen sich plötzlich vor der Alternative „organisiert oder einsam?".
Aus diesen Überlegungen heraus wurde diese Frage zum Thema der "Seckauer Gespräche" gewählt, die vom 10. bis 12. Oktober stattfanden. In diesen von der Pater-Laurentius-Hora-Stiftung in der Benediktinerabtei Seckau veranstalteten Gesprächen versuchen engagierte Menschen, in gegenseitig befruchtenden Diskussionen Lösungswege zu finden, die die persönliche Freiheit und Entfaltungsmöglichkeit inner- und außerhalb der großen Gruppen und Interessenvertretungen ermöglichen.
Das Nachdenken muß auch nach einer solchen Veranstaltung bei Teilnehmern und Nichtteilnehmern weitergehen.
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