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Schriftsteller begehren auf

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Die österreichischen Schriftstellerverbände und -Organisationen, die meist nur in Aktion traten, wenn es Jubiläen zu feiern galt, sollen nun aus ihrem Halbschlafdasein gerissen werden. Sie beginnen sich zu formieren. Lange genug haben sie ihre Rechtlosigkeit, ihre Benachteiligung in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht gegenüber anderen Berufsgruppen schweigend hingenommen, in der Hoffnung, es werde doch eines Tages etwas für sie geschehen. Aber es geschah nichts.

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Die österreichischen Schriftstellerverbände und -Organisationen, die meist nur in Aktion traten, wenn es Jubiläen zu feiern galt, sollen nun aus ihrem Halbschlafdasein gerissen werden. Sie beginnen sich zu formieren. Lange genug haben sie ihre Rechtlosigkeit, ihre Benachteiligung in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht gegenüber anderen Berufsgruppen schweigend hingenommen, in der Hoffnung, es werde doch eines Tages etwas für sie geschehen. Aber es geschah nichts.

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Jetzt wandten sie sich an die öffent-lichkeiit — eine Selbstvenständlich-kedt für den Schriftetellerberuf —, diesmal jedodi lin eigener Sache. In einer Enquete der Interessen-gemieinschaft zeigten sie kürzlich die Sorgen und Probleme auf. • Die Schriftsteller sind freie Un-temehimer, das wird ihnen überaU

bescheinigt. Erscheint von ihnen ein Buch im Ausland, exportieren aie also ihre — gedstdge — Ware, dann vergessen die Behörden den Unter-nehmerstatus. Obwohl der Schriftsteller diurdi Auslandsgeschäfte Devisen importiert und der öster-reidiischen Würtechaift zuführt, erhält er keine Exportprämie, was für jeden anderen Umtemehmener, sei er nun Schuh- oder Gemüsehändler, eine Selbstverständldchkedt ist.

• Der professionelle Schrifteteller kann ein sicheres Einkommen, denkt er realistisch, von vornherein streichen. Der derzeitige Umsatzsteuer-

freibetoag bis 60.000 Schilling ist bestenfalls eine Förderung für nebenberufliche Schriftsteller. Bin Kulturstaat, als der Österreich im offiziellen Sprachgehrauch immer wieder bezeichnet wird, versagt damit den Schriftstellern eine Steuerfreiheit, die beispielsweise Lohn-schlächtem in öffentllichen Sdiiacht-höfen eingeräumt wird. • Kein Schriftsteller, der Jahre für die Produktdon eines Werkes aufgewendet hat, ohne dn diesen Jahren Einnahmen au erzielen, kann Aufwendungen aus dieser ednnahms-losen oder einnahmsschwachen Zeit steuerlich in Abzug bringen. Die Interessengemeinschaft fonderte daher einen begünstdigten Steuersatz für solche Fälle. Außerdem regte sie die Abzuigsfähigkedt beruflicher Ausgaben an, dde durch die Eigenart der schrifteteHlerisdien Täibigkeit notwendig, nicht immer aber nachweisbar ftind.

Verschwindend gering sind die Tantiemen, dde der Verleger dem Schriftsteller zugesteht. Im Durchschnitt sdnd es acht Prozent. Der Verieger selbst behält sich Vierzig Prozent, Großverteiler und Buchhändler streifen sogar — und das wohl für dde geringste Gogenledstung — bis zu fünfzig Prozent ein. Nicht selten kommt es vor, daß der Vorieger, um den Buchpreis etwas zu drücken, lediglich sechs Prozent des „Ertragskuchens” dem Erzeuger zukommen läßt. Es kann durchaus vorkommen, daß ein Romanautor in Österreich für die Papiermühle schreibt, aber durch die Exemplare in den Leihbibliotheken zu einem vielgelesenen Autor werden kann. Ihm bleibt bestenfalls der Ruhm und ein inniger Nachruf.

Nichts von Schulbüchern

Die in Schweden gewerkschaftlich oržandsderten Schriftsteller haben den sogenannten BibUotheäcsgEaachfin durchgesetzt. Damit speisen sie einen Fonds, aus dem Altersversorgung, Stipendien und regelmäßige Einkünfte allen Autoren nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel zu-fliießen.

Die Veriängerunig der Schutzfrist von derzeit 50 auf 70 Jahre bezeichnete das Proponentenkomdtee als wirtschaftliche Notwendfijgkeit. Aber das Urhebergesetz sieht faktisch Enteignungen der schriftstellerischen Produktion vor. Das Gesetz hindert die Schriftsteller nämlich, für ihre Beiträge, dde in Schiulbüchem abgedruckt, wenden, ein Honorar zu verlangen Keiner gibt es billiger: Der Verieger, der Drucker, der Buchhändler, ja selbst die Papierlieferanten. Doch der „Ur-produzent” geht vödldig leer aus. „Alle kassieren bar, die Waschmittelfabrikanten und die Waffenlieferanten, aber die Schriftsteller schauen durch dde Finger”, meint Milo Dor. (Die Furche bringt in ihrer nächsten Nummer ausführliche Meinungsäußerungen österredchischer Autoren zu diesem Thema.)

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