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SelbstveruirkĮichung und Selbsterlösung?

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Dem Sog der Zeit folgen, sich hedonistisch ausleben und sich zugleich durch seine berufliche Leistung bestätigt sehen - wer kennt nicht den eitlen Traum von einem „geglückten Dasein“, bei dem das eigene Ich den absoluten Mittelpunkt darstellt? Je differenzierter aber unsere Leistungsgesellschaft wird und je anonymer, desto mehr erlebt sich der einzelne als „Vereinzelter“, was zwei Reaktionen hervorrufen kann: entweder man entflieht dem Leistungszwang und wird zum Aussteiger oder man betäubt sich.

Eines der wirksamsten Betäubungsmittel ist sicherlich das Streben nach Erfolg, denn dadurch fühlt man sich emporgehoben und in seinem Singularitätsgefühl bestärkt. Wie ernüchternd ist dagegen das Wort Martin Bu- bers: „Erfolg ist kein Name Gottes“ …

Mit dem gesteigerten Bedürfnis nach „Selbstverwirklichung“ wächst natürlich die Gefahr, daß man sich irgendwelchen Götzen ausliefert. Götzen im modernen uewanae giDi es ja menr als genug. Sie präsentieren sich oft unter wohlklingenden Namen und sind meist daran zu erkennen, daß mit ihnen ein selbstzweck- hafter Kult getrieben wird. Allein die vielzitierte „Machbarkeit“ ist ein götzenhafter Begriff, der das Denken immer wieder dazu verführt, den Unterschied zwischen Gut und Böse gleichsam zu annullieren: alles ist erlaubt, jede Selbstverwirklichung und damit auch jede Sünde…

In diesem Zusammenhang ist auch der moderne Sprachgebrauch bezeichnend: Viele Begriffsinhalte werden dadurch manipuliert, daß man sie einfach durch euphemistische Umschreibungen ersetzt. So hat man etwa die Abtreibung dadurch „gesellschaftsfähig“ gemacht, daß man sie zur „Fristenlösung“ umstilisierte.

Es muß bedenklich stimmen, wenn sich der moderne Mensch von gewissen Zeittendenzen so sehr gefangennehmen läßt, daß er seine innere Freiheit aufs Spiel setzt. Götzendienerei bedeutet letzthin Besessenheit, Gebundenheit an etwas, das dem eigenen Wesen fremd ist. Daher stellt sich für jeden von uns ein Leben lang die Frage, welche existentielle Bindungen er eingehen soll: Darf man sich als Christ etwa zu jenen modernen Psychotechniken wie das Sensitivity-Training oder die Gruppendynamik bekennen, die über die Selbstverwirklichung hinaus auch, noch eine Art „Selbsterlösung“ durch Ablegen aller Hemmungen versprechen?

An sich ein faszinierender Gedanke, entpuppt sich die „Selbsterlösung“ spätestens dann als Widerspruch, wenn wir die Bibel aufschlagen. Dort finden wir eine zwar harte, aber nichtsdestoweniger handfeste und heilsame Wahrheit verkündet, die besagt: Der Mensch ist durch die Erbsünde belastet und daher ist für ihn die einzig wahre Erlösung jene, die ihm von Gott angeboten wird.

Erst wenn wir bereit sind, falsche Bindungen zu lösen und unser Herz in einer radikalen Hinwendung zu Jesus Christus und seiner Erlösungsbotschaft zu öffnen, wird die Macht der Sünde und des Dämonischen, das allem Götzenhaften innewohnt, gebrochen. Und erst dann werden wir wahrhaft frei und erlöst, wenn wir nicht mehr uns selbst verwirklichen wollen, sondern Jesus Christus in uns.

Der Autor lehrt Französisch am Institut für Romanistik der Universität Wien.

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