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Tausend Österreicher studieren per Post

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Viele, die bisher aus vorwiegend geographischen Gründen kein Studium aufnahmen, haben dazu nun eine neue Chance: die Fernuniversität.

Das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung hat nun auch für Österreicher die Möglichkeit geschaffen, ein Fernstudium an der deutschen Fernuniversität in Hagen zu absolvieren. Zu diesem Zweck wurde 1979 das Interuniversitäre Forschungsinstitut für Fernstudien

(IFF) mit dem Hauptsitz in Kla- genfurt gegründet, als Zweigstellen wurden seither Studienzentren in Wien und Bregenz errichtet.

Das IFF bietet die organisatorische und wissenschaftliche Basis für die Entwicklung neuartiger Studienangebote der österreichischen Universitäten und betreut die Studenten der Fdrnuniversi- tät Hagen, die österreichischen Interessenten vier Studienfachbereiche anbietet: Wirtschafts- ynd Rechtswissenschaften, Erzie- hungs- und Sozialwissenschaften, Mathematik und Informatik sowie Elektrotechnik.

Ein Vollzeitstudium mit vierzig Lernwochenstunden dauert durchschnittlich vier Jahre. Wer aber neben seinem Studium noch arbeiten will (oder muß), kann sich auch für ein Zeilzeitstudium mit 30 oder auch nur 20 Wochenstunden entscheiden. Dann allerdings verlängert sich die Studienzeit auf sechs beziehungsweise acht Jahre.

Wichtigstes Element des Hagener Fernstudiums sind schriftli

che Studienmaterialien. Je nach Bedarf werden diese Unterlagen auch durch Tonkassetten ergänzt. Im Bereich der technischen Studien sind auch- Heimbaukästen (die ausgeliehen werden können) in Verwendung.

Spätestens hier schalten sich wieder die Studienzentren mit einem umfangreichen Beratungsund Betreuungsangebot ein. Es umfaßt individuelle Beratungstermine, fachspezifische Studienberater, Wochenendseminare sowie von Fachleuten betreute Lerngruppen in Wohnortnähe der Studenten. Alle Angebote werden den zeitlichen Möglichkeiten der Studenten angepaßt und nehmen besonders auf Berufstätige Rücksicht.

Das Abschlußdiplom ist in Hagen abzulegen und im wesentlichen mit den österreichischen Graden des Magisters oder Diplomingenieurs vergleichbar, bedarf aber zum Erwerb des österreichischen Grades der Nostrifizierung. Kosten fallen während des Studiums — wie an jeder Universität — nur für den Bezug der schriftlichen Lernunterlagen an. Pro Skriptum wird ein Betrag von rund 50 Schilling eingehoben.

Das Forschungsinstitut und seine Studienzentren beraten auch Studieninteressierte ohne Matura. Für Nicht-Maturanten gibt es bekanntlich neben einer Gasthörerschaft auch die Möglichkeit, eine Studienberechtigungsprüfung oder Berufsreifeprüfung abzulegen. Diese Prüfung muß an einer Universität bestanden werden und berechtigt dann zum Studium eines bestimmten Faches: Mathematik oder naturwissenschaftliche Lehrgänge, sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Lehrgänge oder Theologie.

Zusätzlich zu diesen Möglichkeiten hat die Fernuniversität noch ein „Extrazuckerl“ zu bieten. Nichtmaturanten können dort auch ohne Studienberechtigungsprüfung studieren und erhalten Bestätigungen über die erbrachten Leistungen. Allerdings können Studenten ohne Matura ihr Studium nicht mit der Diplomprüfung abschließen.

Daß die Möglichkeit zu einem Fernstudium tatsächlich eine Marktlücke in Österreich füllt, zeigt sich nicht zuletzt darin, daß zur Zeit rund tausend Österreicher an der Hagener Universität studieren. Die meisten davon sind berufstätige Männer im Alter zwischen 30 und 35 Jahren. „Ausfälle“ sind laut Auskunft des Leiters des Wiener Studienzentrums, Franz Balank, nicht häufiger als an jeder herkömmlichen Universität — nämlich 50 Prozent.

Die meisten schriftlichen Prüfungen können österreichische Studenten der Hagener Universität unter deutscher Aufsicht im eigenen Land ablegen. Für die Diplomprüfung und einige wenige mündliche Examen muß man allerdings eine Reise nach Hagen in Kauf nehmen.

Wann wird Österreich seine eigene Fernuniversität erhalten?

Erste Angebote soll es laut Franz Balank schon ab 1984 geben. Das werdet) jedoch noch keine kompletten Studien, sondern Weiterbildungslehrgänge sein. Balank, der sehr um die rasche Entwicklung einer eigenen österreichischen Fernuniversität bemüht ist, gibt sich dosiert optimistisch: „Fünf bis zehn Jahre wird es in Österreich noch dauern. Wir brauchen eben viel Geduld.,. “

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