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Chancengleichheit im Zugang zu höherer Bildung besteht nicht nur in einem offenen Hochschulzugang und in gebührenfreien Studien. Viele Menschen haben nach Abschluß ihrer Schulbildung aus verschiedensten Gründen keine Gelegenheit, höhere Qualifikationen zu erwerben, obwohl sie dies vielleicht angestrebt hätten. Sind sie jedoch einmal regelmäßig erwerbstätig, scheitert die Absolvierung eines regulären Studiums häufig an der Unvereinbarkeit von Studium und Beruf.

Unser tertiäres Bildungssystem ist derzeit nur sehr ungenügend auf die Bedürfnisse berufstätiger Studierender abgestimmt: Lehrveranstaltungen und Öffnungszeiten universitärer Verwaltungseinrichtungen nehmen auf den Tagesablauf und die zeitlichen Beschränkungen Berufstätiger kaum oder gar nicht Rücksicht, in den Studienplänen sind Elemente, die auch via Fernstudium absolviert werden können, praktisch nicht vorhanden, es fehlt an Kinderbetreuungseinrichtungen für studierende Mütter oder Väter, und auch das Studienförderungssystem schließt durch seine Altersgrenzen Berufstätige meist vom Studium aus.

Auf der anderen Seite ist die Aufnahme eines Studiums oft mit Schwierigkeiten am Arbeitsplatz und mit finanziellen Problemen verbunden, die durch eine auch nur zeitweise Aufgabe des Berufs entstehen.

Chancengleichheit verwirklichen heißt das Studienangebot flexibilisieren Die Bildungspolitik ist daher gefordert, gemeinsam mit den Universitäten und Fachhochschulen das Lehrangebot dergestalt zu flexibilisieren, daß seine Inanspruchnahme allen Studierenden, vor allem aber denen, die einem Beruf nachgehen (müssen), möglich wird. Dazu wird freilich eine Reihe von Maßnahmen und Änderungen nötig sein, von denen ich nur die wesentlichsten nennen möchte: * Im Zuge der Neugestaltung der Studienpläne sollen mit einem wesentlich auszubauenden Angebot von Fernstudienelementen im "normalen" Studium und dem Einsatz moderner Unterrichtstechniken (Multimedia) flexiblere und den Bedürfnissen der Studierenden besser entsprechende Angebote vorgesehen werden. Universitäten, die in ihrem Studienangebot auch Berufstätige berücksichtigen, sollen dabei finanziell unterstützt werden.

* Das Angebot an Fachhochschul-Studiengängen für Berufstätige soll erweitert werden.

* Ein Pilotprojekt zur Modularisierung des Studiums soll gestartet werden. Ziel ist die Aufteilung eines Studiums in klar abgegrenzte Module und eine mehr kompetenz- als kenntnisorientierte Gestaltung. Die Module sollen sowohl einzeln absolviert als auch zu einem kompletten Studium zusammengesetzt werden können.

* Ein Tutorensystem soll eingerichtet werden, das speziell auf berufstätige Studierende abgestimmt ist.

* In dezentralen Regionen sollen Studienzentren zur Betreuung von Fernstudent/inn/en eingerichtet werden, um räumliche Bildungsbarrieren abzubauen.

* Es muß mehr Kinderbetreuungseinrichtungen an Universitäten geben.

Aber nicht nur auf Seiten der Institutionen sind Änderungen notwendig, um die tatsächliche Chancengleichheit bildungsinteressierter Menschen herzustellen. Die Einrichtung einer flexiblen Bildungskarenz, beispielsweise für die besonders zeitintensive Abschlußphase eines Studiums, ist unbedingt anzustreben. Dazu kommen andere "flankierende" Maßnahmen wie die Anhebung der Freibetrags- und Geringfügigkeitsgrenzen für Berufstätige mit Sorgepflichten.

Schließlich denke ich auch an die Einführung eines Studienbeihilfenmodells, das auf die speziellen Bedürfnisse Berufstätiger abgestimmt ist und etwa denen, die eine Bildungskarenz für die Abschlußphase ihres Studiums in Anspruch nehmen, eine gezielte Beihilfe teils in Form einer direkten Förderung, teils als zinsenloses Darlehen gewährt.

Weiterbildung ist kein Privileg, sondern eine Notwendigkeit Im Rahmen des von der EU proklamierten Jahres des lebensbegleitenden Lernens wurde auch hierzulande viel über die Notwendigkeit gesprochen, im Laufe eines Berufslebens zusätzliche Qualifikationen zu erwerben, da die in der Erstausbildung erworbenen Kenntnisse angesichts des rasanten Wandels in der Wirtschaft nicht mehr für ein ganzes Berufsleben ausreichend seien. Ich denke, daß es nun an der Zeit ist, damit Ernst zu machen und den Menschen konkrete Möglichkeiten anzubieten, neben ihrem Beruf weiterführende Bildungsangebote auch an Universitäten und Fachhochschulen zu nutzen. Weiterbildung darf nicht als individuelles Hobby gesehen werden, wie es der Begriff "Bildungsurlaub" insinuiert, sondern als nötige Voraussetzung, um zu einer wissensbasierten Gesellschaft zu gelangen, von der so viel die Rede ist und deren Aufbau immer wieder gefordert wird.

Das tertiäre Bildungssystem hat dabei eine wesentliche Rolle zu spielen. Ich werde mich bemühen, in Zusammenarbeit mit Universitäten und Fachhochschulen die dafür nötigen Voraussetzungen zu schaffen.

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