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Tirol: Politiker specken ab

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Monatelang beschäftigte Tirols Politiker und Öffentlichkeit eine hausgemachte Privilegiendebatte, die nunmehr durch einen Beschluß der Landesregierung ein Ende fand. Demnach wird es ab 1.

Jänner 1985 in Tirol eine Privilegienlösung für Politiker geben, die zum Teil erheblich über die 1983 getroffene Bundesregelung hinausgeht.

Die von der ÖVP vorgeschlagene und teilweise von allen Parteien mitgetragene Neuregelung umfaßt folgende Punkte:

Regierungs- und Landtagsmitglieder müssenihre Aufsichtsratstantiemen dem Land abliefern, wenn sie von diesem in eine Gesellschaft entsandt werden, an. der das Land beteiligt ist. Gemeinden können gleichartige Regelungen beschließen.,Allen Beamten, die zugleich Politiker sind, wird ihr Einkommen aus dem öffentlichen Dienst um 25 Prozent gekürzt. Beamte, die zugleich, „oberste politische Organe" sind, bekommen einen Gehalts- und Pensionsplafond, der sich jeweils abgestuft am Gehalt eines Landeshauptmannstellvertreters orientiert.

Die Sozialisten stimmten gegen den Gehalts- und Pensionsplafond in Land und Stadt, weil Pri-vatberufler nicht einbezogen wurden.

Im allgemeinen zeigten sich die Abgeordneten von der getroffe--nen Lösung nicht sehr begeistert und meinen, daß es sich dabei nur um einen „ersten Schritt" handeln könne, dem ein zweiter zu prinzipiellen Regelungen folgen müsse.

Landeshauptmann Eduard Wallnöfer erklärte, daß die Verfassungsmäßigkeit des Privilegienpaketes sorgfältig geprüft worden sei, wenn es in Zukunft jedoch noch Korrekturen gebe, sei das kein Unglück.

Die Selbstbeschränkung der Tiroler Politiker hat natürlich ihre Auswirkungen.. Eine Reihe von Persönlichkeiten in Stadt und Land sind unmittelbar davon betroffen. Prominenteste „Privilegienopfer: Altbürgermeister Alois Lugger und Vizebürgermeister Ferdinand Obenfeldner aus Innsbruck, Landeshauptmann-Stellvertreter Fritz Prior u. a.

Vizebürgermeister Obenfeldner (SP) von Innsbruck, der auch Direktor der Gebietskrankenkasse ist, müßte aufgrund des nunmehrigen Gehaltsplafonds auf eines der beiden Einkommen verzichten. Er hat sich daher entschlossen, ab Mai 1985 als Vizebürgermeister das Feld zu räumen.

Bereits zurückgetreten, obwohl er als Privatangestellter (Generaldirektor der Raika-Tirol) und Kulturstadtrat vorerst durch die Neuregelung ungeschoren bliebe, ist Günther Schlenck (VP). Er' will damit verhindern, wie er erklärt, daß er zur Zielscheibe künftiger Kritik werde. Jedenfalls wurde er durch seinen Entschluß zum Wegbereiter einer partei-in-ternen Unvereinbarkeitslösung.

Altbürgermeister Lugger bezieht derzeit je eine Pension als Bürgermeister, Landtagspräsident und Magistratsbeamter. Ab 1. Jänner 1985 darf er nur mehr eine Pension von rund 110.000 Schilling brutto beanspruchen.

Die neue Bestimmung besagt auch, daß niemand mehr Ruhebezug bekommen darf, als sein letztes Politikergehalt ausmachte. Das bedeutet zur gegebenen Zeit für mehrere Tiroler Spitzenpolitiker eine Pensionskürzung.

Das ist also die Tiroler Lösung. Den Ausdruck Privilegienabbau wollen die Abgeordneten nicht gerne hören. Sie stellen fest, daß sie keinerlei Privilegien besäßen. Bei den diesbezüglichen Beschlüssen handle es sich um eine „Selbstbeschränkung der Mandatare".

Wie immer man die Regelung bezeichnet, ein erster Schritt ist jedenfalls getan. Sicher ist es keine Patentlösung, aber ein Zeichen des guten Willens.

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