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Touristen lieber nicht irritieren ?

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Ein Image, das zeigen langjährige Untersuchungen, ist eine sehr stabile Vorstellung. Es verfestigt sich nachhaltig in den Köpfen der Menschen und ist nicht so schnell zu ändern.

Mit dieser Tatsache werden in Zukunft auch die heimischen Marktstrategen noch zu kämpfen haben. Ihre Vertreter aus Kultur, Wirtschaft, Industrie und Diplomatie zerbrechen sich derzeit den Kopf, wie das angeschlagene Auslandsimage der Alpenrepublik gemeinsam wieder aufpoliert werden kann.

Die vielen Skandale, die in letzter Zeit den internationalen Blätterwald zum Rauschen gebracht haben, gepaart mit der katastrophalen Lage des Fremdenverkehrs, haben im In- und Ausland Wirkung gezeigt, haben an der Selbstgefälligkeit gekratzt.

Eine Studie des Instituts für Werbewirtschaft und Marktforschung an der Wirtschaftsuniversität Wien hat auch die letzten Illusionen zerstört: Österreich hat zwar durchaus ein Weltimage, gilt aber „nur“ als „Land der klassischen Musik, der Kultur und Tradition“; wirtschaftlich fällt das Land aber kaum auf. Eigenschaften wie „verläßliche Geschäftspartner“, „fleißig“, „hochwertige Produkte“ oder „modern“ treffen viel stärker auf die Schweiz und die Bundesrepublik zu.

Jetzt soll daher nicht nur der Fremdenverkehr angekurbelt, sondern gleichzeitig eine große Dosis Wirtschaftskompetenz unserem Land verabreicht werden.

Das Image eines ganzen Landes nachhaltig zu verändern, ist natürlich eine gewaltige Aufgabe, kostet nicht nur eine Menge Geld, sondern auch Zeit, wie Vergleiche mit Firmen zeigen. „Bei Unternehmen dauert es bis zu zehn Jahren, bis eine Urteilsänderung richtig greift und sich ein Bewußtseinswandel bei der Zielgruppe bemerkbar macht. Dabei haben es Firmen wesentlich leichter, weil sie ihre Zielgruppe genau kennen“, umreißt Werner Beutelmeyer vom Linzer IMAS-Institut die Problematik.

Herbert Kröll, Leiter einer eigens für die Imageverbesserung eingerichteten Koordinationsstelle im Außenministerium, auf die Frage, wie sich das „Unternehmen Österreich“ in Zukunft präsentieren will: „Nicht so wie bisher, daß jeder, vom Fremden-verkenrsverband bis zur Industrie, die Werbung im Ausland für sich alleine betreibt. Aber wenn Österreich schon eine eindeutige Spitzenposition als Kulturland hat, sollten wir das ausnützen, sollten sich Wirtschaft und Industrie an kulturelle Veranstaltungen anhängen und sich präsentieren.“

Die Bundeswirtschaftskammer, die es sicherlich durch ihre Außenhandelsstellen wesentlich leichter hat, solche Ideen zu verwirklichen, steht dieser Variante eines gemeinsamen Vorgehens nach eigenen Angaben recht positiv gegenüber.

Wenig dagegen hält der Präsident der Industriellenvereinigung, Herbert Krejci, von solchen Wunschvorstellungen. Hier Krisenfeuerwehr zu spielen, heißt für ihn bloß, aus der Not eine Tugend zu machen: „Solche Ideen gibt es doch seit Jahren. Die Vergangenheit hat aber gezeigt, daß sich letztendlich doch wieder die Ein-zelinteresseri durchsetzen.“

Er will daher weiterhin auf das menschliche Potential der Privatindustrie und den vom Ausland geschätzten sozialen Frieden setzen. „Außerdem dem Ausland etwa zu suggerieren, die VOEST sei ein Spitzenbetrieb mit Hochtechnologie und grandiosen Leistungen, wäre nicht nur ungeschickt, sondern auch höchst unglaubwürdig.“

Was eine Produktpolitik ohne reale Grundlage nach sich zieht, ist ja auch aus der Marktforschung längst bekannt:

„Wenn sich das Unternehmen Österreich jetzt plötzlich mit Leistungen und Produkten präsentiert, die jahrzehntelang unterbelichtet blieben beziehungsweise Strategien ohne wirkliche Basis sind, so besteht die Gefahr eines Bumerang-Effektes. Es gibt unzählige Beispiele aus der Wirtschaft, wo solche Kampagnen in die Hosen gehen und die Glaubwürdigkeit einer Firma ein für allemal dahin ist“, präzisiert Werner Beutelmeyer die gefährliche Gratwanderung.

„Dazu kommt, daß die Änderung Österreichs vom reinen Kulturland zum Industrieland potentielle Touristen eher verwirren als animieren könnte“.

Daß die Beachtung der Grenzen zwischen Sein und Schein für das Österreichbild im Ausland entscheidend sein wird, darüber sind sich alle Beteiligten einig. Eine weitere Stoßrichtung soll daher nach Auskünften des Leiters der Koordinationsstelle im Außenministerium die Verbesserung der Selbsteinschätzung der Österreicher sein.

Denn hier gibt es große Diskrepanzen gegenüber der Fremdbeurteilung. Ausländische Kenner der österreichischen Seele sehen uns zwar auch als musikalisch, freundlich und charmant (siehe Graphik). Sie hegen aber recht prägnante Zweifel an unserer Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit als Geschäftspartner oder den intellektuellen Fähigkeiten.

Hier anzusetzen und den Einschätzungen auf den Grund zu gehen, wird genauso wichtig werden wie Werbung und ausgeklügelte Strategien.

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