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Unruhe in der Medienlandschaft

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Die Einsicht, daß ohne Pressefreiheit Demokratie nicht möglich ist, zählt bereits zu den Binsenweisheiten. Allerdings ist die Freiheit der Presse allein noch keine Garantie für die Erfüllung ihrer Aufgabe in der Demokratie, wenn nicht gleichzeitig ihre Meinungsvielfalt gewährleistet ist Damit steht es in Österreich nicht zum besten. Von Irland abgesehen, ist der Konzentrationsgrad der Zeitungen in Österreich der höchste in der westlichen Welt Die „Kronen-Zei- tung”, deren Vormachtstellung die Ursache dafür ist gehört zu den Giganten des westlichen Zeitungsmarktes.

Die Pressekonzentration bringt den österreichischen Zeitungsherausgeber in eine zwiespältige Situation: Neben seiner für die Demokratie lebenswichtigen Aufgabe der breitgestreuten Information gewinnt die Frage des wirtschaftlichen Überlebens immer mehr an Bedeutung. Der finanzielle Aufwand der Zeitungen wird immer größer. Sinkt der Inseratenanteil einer österreichischen Tageszeitung unter 30 Prozent, ist ihre Wirtschaftlichkeit ernstlich in Frage gestellt. Das Presseförderungsgesetz hat zwar einige Erleichterungen gebracht, ist jedoch in seiner derzeit bestehenden Form sicher noch nicht der Stein der Weisen.

Die Frage der technischen Entwicklung, besonders auf dem Zeitungssektor, stand als weiteres Problem bei einer Forumsdiskussion über die Medienlandschaft im Österreich der achtziger Jahre im Europa-Haus im Mittelpunkt an der Walter Raming (Chefredakteur der „Kärntner Volkszeitung”, Kla- genfurt), Hans Zeilinger (Chefredakteur der „Neuen Freien Zei tung”, Wien), Emst Wolfram Mar- boe (ORF-Landesintendant Niederösterreich) und Günther Nen- ning (Präsident der Journalistengewerkschaft) teilnahmen.

Seit der Zeit Gutenbergs hat sich bis vor kurzem kaum etwas Wesentliches im Bereich der Drucktechnik verändert, in den letzten Jahren jedoch hat die Entwicklung ein Ausmaß angenommen, das eine baldige Umstellung und ein völliges Umdenken im Zeitungswesen erfordern wird. An Stelle der herkömmlichen Setzmaschinen treten immer häufiger Photo- und Lichtsatz - so auch schon bei der FÜR- • CHE. Der Trend führt zu einer Kombination von Druck und elektronischen Medien. Eine Konkurrenzsituation zwischen beiden könnte zu einem ernsten Problem für die Zeitungen werden, wenn die Ausbildung der Journalisten den neuen Erfordernissen nicht sehr bald Rechnung trägt. Das bisher schon äußerst fragwürdige, weil immer noch praxisferne Publizistikstudium an den Universitäten tritt damit wieder verstärkt als Diskussionsthema in den Vordergrund. j

Im ORF hat die bisher bewährte partnerschaftliche Strategie versagt. Beide Rundfunkreformen wurden von der jeweiligen Regierung im Alleingang durchgeführt. Bedingt durch die Ausweitung besonders des TV-Bereiches sind die Konsequenzen der SPÖ-Reform jedoch von größerer Tragweite. Konkurrenz würde dem ORF sowohl bei der Programmgestaltung als auch auf dem Personalsektor nur Vorteile bringen. Wie Marboe betonte, stünden die Journalisten im ORF zunehmend unter Druck, und jeder Fümmeter würde zur grundsätzlichen Streitfrage. Das Zurücktreten reiner Machtüberlegungen auf Kosten einer Demokratisierung des ORF dürfe nicht mehr auf die lange Bank geschoben werden.

Ein weiterer Gradmesser für den Stellenwert einer Demokratie ist das Verhältnis zwischen Politikern und Medien. Wie kann Demokratie glaubhaft vermittelt werden, wenn, sich Journalisten und Politiker in einer oft ausgesprochen feindseligen Haltung gegenüberstehen? Wenn Zeitungen zum „Kriegsschauplatz” werden, sich die tägliche Information in hohem Ausmaß auf persönliche Angriffe beschränkt und sachliche Argumente unmöglich werden? Solange persönliche Attacken, reine Parteipolitik oder Lagermentalität dafür bestimmend sind, worüber (nicht) berichtet wird und in welcher Form, ist es sehr fraglich, ob Journalisten und Politiker ihrer demokratischen Aufgabe in den Medien gerecht werden können.

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