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Veränderte Situation im Bankensektor

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Die wesentlichen Zielsetzungen des neuen Kreditwesengesetzes, das seit 1. März 1979 in Kraft ist, waren eine Stärkung des Wettbewerbs im Interesse der Kunden bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Bankapparats und des Gläubigerschutzes.

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Die wesentlichen Zielsetzungen des neuen Kreditwesengesetzes, das seit 1. März 1979 in Kraft ist, waren eine Stärkung des Wettbewerbs im Interesse der Kunden bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Bankapparats und des Gläubigerschutzes.

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Das Universalbankprinzip, also die volle geschäftliche Gleichstellung aller Geldinstitute, drückte sich in einer Universalisierung der Produkte und der Liberalisierung des Vertriebs, also der Zweigstelleneröffnung, aus. Jedes Institut sollte überall alle Bankdienstleistungen anbieten können.

Der forcierte Wettbewerb sollte auch eine Einengung der Zinsspanne herbeiführen und dadurch das Zinsniveau für die Wirtschaft absenken, für die Einleger aber möglichst hochhalten.

Die bisherigen Auswirkungen des Kreditwesengesetzes halten sich im großen und ganzen innerhalb der ursprünglichen Zielvorstellungen, wenngleich hinter vorgehaltener Hand bisweilen von einem Kraftakt gesprochen wird. Die Liberalisierung der Vertriebswege führte zu einem Anstieg der Anzahl der Zweigstellen auf 4500, ohne daß hier die 2300 Postämter und die tausenden potentiellen Bankfilialen von Handelsorganisationen eingeschlossen wären.

Auch ohne diese potentiellen Konkurrenten weist Österreich damit eine der höchsten Bankstellendichten der Welt auf (1600 Einwohner pro Bankfiliale). Der verstärkte Wettbewerb hat aber auch bereits positive Auswirkungen gezeigt: Das Bank- management arbeitet heute wesentlich kostenbewußter, die Agilität („Wettbewerb macht fröhlich“) steigt und die langfristige Einstellung auf die Kundenbedürfnisse wird zur Notwendigkeit. Unter diesem Aspekt betrachtet zwingt die Universalisierung zur Profilierung und Differenzierung.

Der Wettbewerb reduziert immer die Erträge und führt immer zu Kostensenkungen. Im Idealfall werden in einem völlig kompetitiven Markt alle Produktivitätsgewinne an den Konsumenten weitergegeben. Die Bankwirtschaft steht erst am Anfang einer Umstrukturierung von’einem noch immer stark geschützten zu einem ungeschützten Wirtschaftsbereich. Daher wird das österreichische Bankwesen in den nächsten 10 Jahren von strukturellen Veränderungen geprägt sein.

Mehr Wettbewerb heißt häufig bessere Anpassung an gewandelte Bedürfnisse. In diesem Sinne sollte auch kein Plädoyer für einen „tränenlosen Wettbewerb“ gehalten werden; man sollte jedoch auch die Folgen des Wettbewerbs nicht einseitig verteilen: Die positiven Effekte der Liberalisierung den einen, die negativen Effekte der Strukturanpassung den anderen, fein säuberlich nach metaökonomischen Kriterien getrennt.

Sicherlich wird die Zukunft nicht den Verlust der traditionellen Funktion der Kapitalsammlung und Kapitalverteilung für die Banken mit sich bringen. Man wird daher traditionelle Banken auch weiterhin brauchen.

Sicherlich wird sich ihre Funktion aber von der isolierten Produktbetrachtung zur Problemlösung mausern müssen. Die Banken werden eine verstärkte Informations- und

Beratungsfunktion zum Aufbau von partnerschaftlichen Beziehungen mit ihren Kunden übernehmen müssen. Diese Veränderung von der kurzfristigen und produktbezogenen auf die langfristige und problembezogene Beziehung bedeutet ein völliges Umdenken in der Kostenrechnung und Preispolitik, wobei hier zahlreiche Widerstände und Tabus zu überwinden sind.

Eine neue, stärker kostenorientierte Preispolitik stolpert zunächst über den strategischen Fehler der Banken, „Routinedienstleistungen“ nie als legitimes Produkt gesehen zu haben. Neben der verursachergerechteren Preisgestaltung müßte man sogar überlegen, inwiefejne nicht ein Beitrag der Kunden zur allgemeinen Bereitstellung von Beratungsleistungen verlangt werden müßte, wie es etwa Management-Beratungsfirmen tun.

Managementhilfe, Organisationsservice, Projektbetreuung und ähnliche Aktivitäten der Banken werden in Zukunft von größerer Bedeutung sein und weitgehend über Tochtergesellschaften angeboten werden. Die Kreditinstitute werden also insbesondere in banknahe und informationsorientierte Tätigkeiten zur Abrundung der Problernlösungspalette für die Kunden diversifizieren.

Die verstärkten Kundenbeziehungen werden Hand in Hand mit dem verstärkten Interesse der Öffentlichkeit an dem, was Banken tun oder nicht tun, das soziale und wirtschaftspolitische Engagement der Kreditinstitute weiter erhöhen. Bereiche wie Altersversorgung (2. Pension), Jugend und Freizeit (Jugendclubs), der Problemkreis Wohnen, die Vermögensbildung und ähnliche Grundbedürfnisse des Menschen werden künftig stärker in den Mittel-

punkt der strategischen Planung der Geldinstitute rücken.

Die erhöhte Informationsfunktion, die Funktion eines Mittlers von Informationen und „Bezogenheit“ kann so lange nützlich und positiv gesehen werden, als die Banken nicht zur politischen Manipulation der Öffentlichkeit Unter Einsatz ihres Vertrauensvorsprungs verwendet werden. Denn oft genug wird die Bank von sich aus auf feed-back aus der Öffentlichkeit reagieren müssen und nolens volens verstärkt im politischen Prozeß eingebettet sein, um auch dadurch einen Beitrag zur optimalen Allokation der Ressourcen und der Entwicklung zur postindustriellen Gesellschaft zu leisten.

(Dr. Hans Haumer ist Generalsekretär der Ersten österreichischen Spar-Casse.)

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