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EWR: AGGRESSIVER KAMPF UM KUNDEN

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In wenigen Monaten soll der Startschuß für den kaufkräftigsten Verbrauchermarkt der Welt, den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), fallen. Bestehend aus EG- und EFTA-Ländern beherbergt der EWR 377 Millionen Menschen. Die Einbeziehung Österreichs in den EWR sollte ein höheres Wirtschaftswachstum und niedrigere Preise bringen.

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In wenigen Monaten soll der Startschuß für den kaufkräftigsten Verbrauchermarkt der Welt, den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), fallen. Bestehend aus EG- und EFTA-Ländern beherbergt der EWR 377 Millionen Menschen. Die Einbeziehung Österreichs in den EWR sollte ein höheres Wirtschaftswachstum und niedrigere Preise bringen.

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Ein Großteil des prognostizierten zusätzlichen Wachstums wird durch Produktivitätsgewinne aus der Freizügigkeit für Personen, Dienstleistungen und Kapital zu erklären sein, wobei auch der Wegfall von tarifären Hemmnissen seinen Teil dazu beiträgt.

Auch für den Finanzdienstleistungssektor wird es ab 1993 große Veränderungen geben. Die Errichtung von Filialen im EG-Raum beziehungsweise im EWR ist dann nach Artikel 19 der 2. Bankrechtskoordinierungsrichtlinie möglich. Dieser Artikel baut auf dem Prinzip der einmaligen Bankzulassung („Single banking licence") auf. Dies ermöglicht eine europaweite Zweigstelleneröffnung, wobei ein vergleichsweise unbürokratisches Verfahren zur Anwendung kommen wird (Vorlage des Geschäftsplans, Auskunft über Organisation der Zweigstelle und die beabsichtigten Geschäfte).

Die neuen Gegebenheiten, die der Gemeinsame Markt mit sich bringt, erfordern neue Strategien. Die Möglichkeit der Dienstleistungsfreiheit ist relevanter für den Bank-..., sektor als die Niederlas-\ sungsfreiheit. Die Nie-.... derlassungsfreiheit zielt darauf ab, sämtlichen Behinderungen bei der

Aufnahme und Ausübung selbständiger Tätigkeiten durch Staatsangehörige anderer Mitgliedsstaaten zu beseitigen.

Der freie Dienstleistungsverkehr -im Unterschied zur Niederlassungsfreiheit - setzt nicht den ständigen Aufenthalt in dem anderen Mitgliedsstaat voraus, sondern ermöglicht es, die Tätigkeit vorübergehend in dem anderen Staat unter gleichen Voraussetzungen zu erbringen, die dieser Staat seinen eigenen Angehörigen vorschreibt. EG-Banken werden vor allem diese Dienstleistungsfreiheit nützen und die für sie ertragreichsten Geschäfte direkt aus dem Ausland anbieten. Niederlassungen werden nur an zentralen Bankplätzen in Österreich gegründet werden.

Da die österreichischen Banken, die meist als Regionalbanken tätig sind (zum Beispiel Sparkassen, Raiffei-senkassen), einem geographisch begrenzten Kundenkreis eine breite Produktpalette mit erstklassiger Beratung bieten, stellt dies in Zukunft einen Wettbewerbsvorteil gegenüber ausländischen Mitbewerbern in ihrer Region dar. Finanzmanager werden bemühter das „Cross selling" betreiben, das heißt, daß nun nicht nur einzelne Leistungen und Produkte, sondern die gesamte Produktpalette angeboten werden wird.

Die Informationstechnologie wird eine immer größere Rolle spielen, besonders, um den Kunden eine zielgerechtere Auswahl zu ermöglichen (zum Beispiel verstärkter Computereinsatz, intensivere Vernetzung österreichweit et cetera).

Um wettbewerbsfähig zu bleiben, werden in Zukunft die österreichischen Banken neben diversen Produktinnovationen auch verstärkt die Beratungsqualität forcieren müssen. Die Europäisierung erfordert mehr Flexibilität, da ein Trend zu höherem Qualitätsanspruch festzustellen ist. Der Forcierung der Beratungstätigkeiten zu einer umfassenden Unternehmensberatung kommt steigende Bedeutung zu.

Durch die tendenzielle Angleichung der rechtlichen Rahmenbedingungen im EG-Binnenmarkt und dem Abbau reglementärer Wettbewerbshindernisse wird der Aufbau eines bankinternen Ressourcenpotentials immer wichtiger, sodaß im gegebenen Fall der Kunde ins Ausland begleitet werden kann. Die Unternehmenspolitik wahlloser Filialenvermehrung würde nur zu einer Ineffizienz im ganzen führen. Überlegungen dieser Art treffen nur auf größere österreichische Institute zu. Für kleinere Banken besteht die Möglichkeit, durch Kooperationen mit in- und ausländischen Banken sowie durch Spezialisierung die Größennachteile auszugleichen. Eine Bank kann „Econo-mies of Scale" dann verwirklichen, wenn sie die Durchschnittskosten bei steigender Produktion senkt.

Aber nicht nur für die Banken ändert das „neue Europa" die Verhaltensweisen, der Einfluß der Integration hat direkte Auswirkungen auf die Kunden und wird das Kundenverhalten teilweise ändern. Ausländische Konkurrenten werden die Kundenak-quisition aggressiver mit Hilfe von mobilen Außendiensten, Direct-Mail und dem Telefonnetz betreiben. Da in Zukunft langfristige Rentabilitätsziele mehr im Vordergrund stehen werden als kurzfristige Gewinn- und Konsummotive, ist die Entwicklung maßgeschneiderter Leistungsprogramme für den Konsumenten wesentlich.

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