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Vertiefter Haß

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Der Krieg am Golf polarisiert. Es gibt zwar keinen gerechten Krieg mehr, aber für diesen nicht ganz gerechten, doch offensichtlich ais notwendig empfundenen, sind viele.

Das Ausmaß der materiellen Vernichtung durch eine hochgerüstete Kriegsmaschinerie wird erst in seinem ganzen Grauen sichtbar werden, wenn sich die Vorhänge der Zensur gehoben haben. Zertrümmerte Städte können wieder aufgebaut werden, aber die geistigen Folgen werden tiefgreifender seinundlangenachwirken. Vertiefen wird sich der Haß der moslemischen Völker gegenüber dem Westen. Das bringt neue Spannungen vor allem auch in den Ländern, die heute schon einen großen Anteil Moslems haben. Also zum Beispiel in Frankreich, England oder Deutschland.

Die Bemühungen um einen Frieden im Nahen Osten werden, auch wenn Saddam Hussein getötet werden sollte, auf noch größere Schwierigkeiten stoßen als bisher - denn die Radikalisierung verstärkt sich. Nicht nur bei den arabischen Völkern - auch in Israel, wo die Friedensbewegung verunsichert und geschwächt wülde. Die Situation der Palästinenser hat sich durch ihre eindeutige Parteinahme für Saddam Hussein verschlimmert. Eine Lösung des Palästinenser-Problems scheint ferner denn je zu sein.

Die Palästinenser sind aber nur ein Problem in dieser friedlosen Region. Und sie werden auch immer wieder von einigen arabischen Brüdern als Mittel für durchaus eigennützige Zwecke benützt. Zuletzt vom irakischen Diktator. Man stelle sich vor, was für ein Unruheherd Millionen sogenannte Volksdeutsche wären, wenn sie nach dem Krieg nicht integriert worden wären, sondern in Lagern hätten leben müssen.

Der entscheidende Faktor im Nahen Osten ist das Öl und die mit ihm verbundenen Interessen der westlichen Industrienationen. Die Kultur der Araber wurde wegen dieser Interessen mißachtet. Die Araber wollen nicht mehr die letzten Kolonien auf der Welt sein. Der Schriftsteller Rami G. Khouri aus Amman hat das kürzlich in der Hamburger „Zeit” so formuliert: „Wir wollen nicht ewig eine demütigende und aufgezwungene politische Ordnung hinnehmen, die nach dem Ersten Weltkrieg den kolonialen Interessen Großbritanniens und Frankreichs gedient hat und nach dem Zweiten Weltkrieg den Sicherheitsinteressen Israels und den Wirtschaftsinteressen westlicher Ölfirmen, Waffenfabrikanten, Banken und anderen Unternehmen entgegenkam. Ebensowenig sind wir bereit, weiterhin das groteske Wohlleben einiger superreicher, nicht gewählter und oftmals korrupter arabischer Führungsschichten zu dulden...”

Auch diese Probleme wird der Krieg am Golf nicht lösen helfen. Im Gegenteil.

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