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Viele Signale stehen auf Grün

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Geht es nach dem Zeitplan, dann werden die Mitglieder der von der Bundesregierung eingesetzten Ökologiekommission ihre Nachdenkarbeit am 15. Juli vorläufig beenden. Zur Erinnerung: Nach der verlorenen „Schlacht” um das geplante Kraftwerk in den Donauauen bei Hainburg hatte Bundeskanzler Fred Sinowatz eine einjährige „Denkpause” verordnet. Um sich jedoch nicht dem Vorwurf auszusetzen, die Denkpause allzu wörtlich zu nehmen, sollten in einer Expertenrunde alle anstehenden Probleme in Sachen Umwelt diskutiert werden. Das Ergebnis dieser Beratungen würde, so die Regierung, Grundlage für konkrete Maßnahmen zum Schutz der bedrohten Umwelt sein.

Nun: mittlerweile hat die SPÖ/ FPÖ-Koalition im Rahmen von zwei Klausurtagungen auf dem Tulbingerkogel bei Wien „Paukenschläge” gesetzt. Die Verschärfung der Abgasvorschriften für Kraftfahrzeuge und die Einführung von Katalysator und bleifreiem Benzin hat Österreich in eine europaweite „Vorreiterposition” gebracht.

Daß die sozialistische Partei ausgerechnet den Umweltschutzminister zu ihrem Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen 1986 gemacht hat, will der Bundeskanzler und SPÖ-Vorsitzende auch als ein Indiz dafür bewertet wissen, wie ernst er die ökologische Herausforderung nimmt.

Untergegangenen in der grünstichigen Regierungspolitik ist eines: die rot-blaue Koalition ist nicht so sehr aus eigenem über Nacht klüger geworden. Man handelte sozusagen unter Druck.

Die Umweltproblematik war schon seit Jahren prekär. Aber außer vielen wohltönenden Absichtserklärungen blieb in der politischen Alltagsarbeit unter dem Strich nur wenig übrig, was der verschmutzten Luft, dem Wasser und dem Boden tatsächlich wirksam geholfen hätte.

Innerhalb des letzten halben Jahres wurde nun der Umweltschutz in den Verfassungsrang erhoben, ein Wassergesetz, ein Luftgesetz (das das Dampfkesselemissionsgesetz ersetzen und ergänzen soll), ein Altöl- und ein Chemikaliengesetz sowie ein eigenes Gesetz gegen das Waldsterben stehen auf der Maßnahmenliste der Regierung. Und soeben wurde auch ein Ministerialent-wurf ausgesandt, der die Parteistellung in Umweltfragen neu regelt.

So gesehen erweist sich das Ergebnis des Konrad-Lorenz-Volksbegehrens im nachhinein doch nicht als so dürftig, wie es unmittelbar nach der Unterschriftsleistung von 350.000 Bürgern den Anschein gehabt hat Und auch das Kampfthema der Volksbegehrens-Aktivisten, das Donaukraftwerk in der Stopfen-reuther Au, scheint für längere Zeit auf Eis gelegt. Die Planungen für die Staustufe Wien laufen auf Hochtouren, und mit dem Bau soll aller Voraussicht nach vor (und statt?) jenem bei Hainburg begonnen werden.

Am 3. Juli konstituierte sich auch jener Unterausschuß des Verfassungsausschusses des Nationalrats, der das Konrad-Lorenz-Volksbegehren behandelt. Zwar wurde dieser Ausschuß über den Sommer hinweg für permanent erklärt, die betreffenden Abgeordneten werden sich allerdings erst wieder am 30. Juli treffen. Und dann werden sie wohl auch nicht viel mehr als einen Termin für den September vereinbaren.

Allein diese Vorgangsweise -und die ablehnende Haltung der SPÖ-Mehrheit im Ausschuß gegenüber einem Lokalaugenschein in der Au — macht deutlich: Die Regierung setzt auf Zeitgewinn, will mit ihren eigenen Gesetzesinitiativen den Umweltaktivisten die Segel aus dem Wind nehmen.

Dennoch bleiben einige politisch „heiße Kartoffeln” auf dem Tisch, zum Beispiel ein Nationalparkgesetz (siehe auch Seite 14). Offen bleibt wohl auch die Frage, wie denn die Energiepolitik neu zu definieren ist, auch der Versorgungsauftrag der Elektrizitätswirtschaft.

Die parlamentarische Opposition, die ÖVP, hat jedenfalls bei einer Klausurtagung letzte Woche ihre Marschroute in Sache Umweltpolitik und Konrad-Lorenz-Volksbegehren festgelegt: die Volkspartei will einen jährlichen Umweltbericht der Regierung abverlangen und bringt eine umfassende „Umweltdoktrin” als Entschließungsantrag im Herbst ins Plenum des Nationalrates.

In der österreichischen Politik stehen also die Signale auf Grün. Wie wäre es denn sonst zu erklären, daß Umweltschutzminister Kurt Steyrer Umweltschutzpreise ausgerechnet an ehemalige „Au-Besetzer” übergibt...

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