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Wenig Petitionen

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Bereits zum drittenmal madit Doktor Kredsky seit dem 1. März 1970 Schlagzeilen mit seinem „Ombuds-man", der fredlich kein Ombudsman sein darf. Schon in seiner Regie-rungserklärung kündigte er den Österreichern an, daß er ,4n Wei-terentwicäclung des in der Verfassung verankerten Petitionsrechtes" eine Anwaltschaft öffentlichen Rechts zu schaffen gedenke. Die Idee des Ombudsmans ist nicht neu. Der Ombudsman geistert schon mehr als ein Jahrzehnt durch die österreichische Innenpolitik: Nocäi in der letzten Legislaturperiode vertrat die damalige Regierung nach längerem Für und Wider schließlich die Auffassung, eine derartige Einrichtung sei nicht vonnöten, da das österreichische Rechtsschutzsystem ohnedies stark ausgebaut sei. Geeen Ende der Legislaturperiode tauchte der Ombudf?man wieder des öfteren auf, insbesondere in jenen Publikationen, die sich mit der Demofcratie-reform befaßten. Dr. Kreisky griff schließlich die Idee auf.

Sollte die Ankündigung des SPÖ-Regierungschefs die „Bundesverwaltungsanwaltschaft", wie das Om-budsmangremium nun heißen soll, nun doch Wirklichkeit werden, müßte sich der neue Entwurf grundlegend von dem als Probeschuß abgelassenen untersdieiden, um vor den Augen der Juristen Gnade zu finden. Sowohl Verfassungs- wie auch Verwaltungsrechtler erhoben nämlich gegen den ersten Entmirf schwerste Bedenken. Die Konstruktion der Dreimannbundesverwal-tungsanwaltschaft paßt nicht in das Gefüge des österreichischen Rechtsstaates. (Sie könnte weder der Legislative, Verwaltung, noch der Gerichtsbarkeit zugeordnet werden.) Der schwächste Punkt des Entwurfes aber ist zweifellos die Bestimmung über die Zusammensetzung der Bundesverwaltungsanwaltschaft: Der Proporz soll wieder fröhliche Urständ feiern, die Bundesverwaltungsanwaltschaft mit je einem Vertreter Her Parlnm*>nfcsT>art«>iien heschicict werden. Das Gremium könnte nur mehrheitlich entscheiden, das heißt, bed der derzedittgen Zusammensetzung des Nationalrates müßten wenigstens zwei Parteienvertreter der gleichen Meinung sein. Ein weiterer Minuspunkt des SP-Entwurfes ist die Unsicherheit über die tatsächliche Erledigung der Petitionen. Niemand kann die Ombudsmänner zwingen, die Beschwerden zu erledigen, ja, sie müssen nicht einmal über ihre Arbeit irgend einem Gremium berichten. Der ÖVP-Entwurf hat gerade in diesen Punkten einige harte Siciierungs-Idauseln eingebaut. Seine Schwäche ist sicherlich die Größe des parlamentarischen Ausschusses, der analog dem ständigen Unterausschuß des Hauptausschusses zusammengesetzt sein soll (derzeit insgesamt 17 Mitglieder und zwar 8 SPÖ, 8 ÖVP und 1 FPÖ-Mandatar). Der Ausschuß — er ist der Geschäftsordnung des Nationalratea unterworfen — ist gezwungen, einen Bericht über seine Arbeit zu geben. Etwas weniger Aussicht auf Erfolg hat schließlich die dritte Variante des österreichischen Ombudsmans, der sogenannte Bürgeranwalt — ein Ein-mannuntemehmen, das Prof. Welan vorgeschlagen hat. Zwar soll der Bürgeranwalt mit ziemlich umfangreichen Rechten ausgestattet werden (Akteneinsicht, Kontrolle der Verwaltungsorgane und Veröffentlichung des jährlich zu erstattenden Berichtes), es fehlt ihm aber die Möglichkeit, auf die Erledigimg seiner Wünsche Einfluß zu nehmen. Daß die Zahl der Petitenten steigt, wenn das System vereinfacht wird, beweist die Bundesrepublik, die eine ähnliche Einrichtung wie die von der ÖVP vorgeschlagene bereits seit Jahren hat, allerdings auf Bundesund Länderebene. Der P(?titioneaus-schuß des Bundestages in Bonn hatte in der vergangenen Legislaturperiode fast 20.000 Petitionen zu erledigen; die Ausschüsse bei den einzelnen Landesoarlamenten im Jahre 1967 fast 8000.

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