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Zum Brunnen, bis er bricht

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Wir haben uns schon alle an die Meldungen gewöhnt, die uns eigentlich Sorgen machen sollten. Ich meine damit die Schulden- und Defizitzahlen, von denen wir täglich hören.

Da freut sich etwa der Finanzminister, weil der Anteil des Nettodefizits am Inlandsprodukt 1982 kleiner sein soll als heuer. Sieht man genauer hin — was sicher aus irgendwelchen theoretischen Gründen nicht zulässig ist — so wird dem Normalverbraucher klar, daß das Defizit eigentlich größer geworden ist: 1982 soll es 25JS Milliarden Schilling ausmachen, immerhin um eine Milliarde (welch lächerlicher Betrag!?) mehr als heuer.

Schulden macht jedoch nicht nur der Bund. Auch die Gemeinden beteiligen sich kräftig an dem Spiel. Budget- ßefizit ist auch hier die Zauberformel für den Erfolg. Das führt dazu, daß die österreichischen Gemeinden (ohne Wien) derzeit bei einem Schuldenstand von rund 55 Milliarden Schilling halten.

Aber es trifft ja nicht nur die öffentlichen Haushalte. Beim kleinen Mann äußert sich das „Uber-die- Verhältnisse-Leben“ im

dauernd überzogenen Gehaltskonto. Selbst das Weihnachtsgeld reicht da oft nicht mehr aus, um aus den roten Zahlen herauszukommen.

Auch die Pfändungen werden zahlreicher. Besonders betroffen davor, sind die Arbeiter. Schätzungen zufolge wird schon bei fünf bis zehn Prozent ein Teil des Lohnes direkt abgezogen.

Ist diese Verschuldung an allen Ecken und Enden, gewissermaßen das Grundprinzip unserer heutigen Wirtschaft, wirklich so unbedenklich? War die Politik des „deficit-spending“, wie sie uns Key nes empfohlen hat, nicht nur für Zeiten der Stagnation gedacht?

Wir haben daraus jedoch einen Dauerbrenner gemacht. ,Kaufe heute, zahle morgen“, wurde uns Jahre hindurch von der Werbung schmackhaft gemacht. Ja zum Teil taten Politiker so, als wäre der Konsum um jeden Preis geradezu patriotische Pflicht.

Die Suppe müssen jetzt all jene auslöffeln, die sich unbedenklich diesem ,JSrfolgs- rezept“ der Wachstumępe- riode verschrieben hatten. In einer Zeit stagnierender Realeinkommen wird es nämlich zur Fallgrube.

Unsere Wirtschaft ist aber auf das Vertrauen angewiesen, daß eingegangene Verpflichtungen eingelöst werden. Schwindet es, muß das Chaos ausbrechen. Noch gelingt es mit Feuerwehraktionen, Flächenbrände zu verhindern. Aber ernst ist die Lage schon.

Was wäre wohl mit der Länderbank heuer geschehen, als sowohl Eumig als die Klimatechnik in Konkurs gegangen sind, wäre nicht Hilfe von außen gekommen? Was wird geschehen, wenn sich Fälle wie Polen (das uns immerhin 25 Milliarden Schilling schuldig bleiben wird) mehren?

Warum können unsere politischen Parteien in einer so ernsten Zeit nicht endlich gemeinsam nach Auswegen suchen, die von jedem Opfer verlangen werden? Wer weiß, wie lange dazu noch die Chance besteht!

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