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Zwischen EG und nordischer Gemeinschaft

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Die Verstimmung der Westmächte über Dänemarks UN-Politik in der Südafrika-Frage ist nicht zu übersehen. Dänemark hatte einer Resolution zugestimmt, in deren Präambel die USA, Frankreich, die BRD und Großbritannien wegen angeblicher Waffenlieferungen an Südafrika verurteilt wurden. Offizielle Kreise in Bonn beklagen nun, daß Dänemark für eine Resolution gestimmt habe, in der „ungerechtfertigte Beschuldigungen“ gegen einen „nahen EG-Partner“ enthalten seien. Der dänische Schritt sei ein harter Schlag gegen die politische Zusammenarbeit der EG-Länder und beweise mangelnde Solidarität. Dänemark ist das einzige Land der Europäischen Gemeinschaft, das die Resolution unterstützt hat. Irland enthielt sich der Stimme, die übrigen Mitglieder stimmten gegen den Antrag, der mit der großen Mehrheit der kommunistischen Staaten und der Länder der Dritten Welt angenommen wurde.

Die dänische Haltung im Hauptquartier der Vereinten Nationen ist nicht auf eine radikale Änderung der Außenpolitik zurückzuführen. Sie stellt nur einen Schritt zur Bewältigung eines offenen Problems dar. Dänemark ist als einziges EG-Land zugleich Mitglied der nordischen Gemeinschaft der skandinavischen Länder; es ist als einziges Land Skandinaviens in der EG, nachdem in Norwegen die diesbezügliche Volksabstimmung negativ verlaufen war. Somit hat das Land, das auch geographisch ein Bindeglied zwischen Mitteleuropa und dem Norden darstellt, in seiner politischen Haltung vielfältige Interessen unter einen Hut zu bringen; Interessen, die einander manchmal diametral entgegenlaufen - wie zuletzt im Südafrika-Streit vor den Vereinten Nationen.

Denn die übrigen Staaten Skandinaviens sind schon früher sukzessive auf eine radikalere Haltung gegenüber den weißen Minderheitsregierungen auf dem schwarzen Kontinent eingeschwenkt. Den Anfang hatten Island und Finnland gemacht, zuletzt haben, nach Schweden, dessen bürgerliche Regierung deutlich ihre scharf ablehnende Haltung gegenüber der Arpart-heidspolitik betonte, auch die Norweger eine extremere Haltung gewählt. Daß Dänemark dem Beispiel seiner Nachbarstaaten freilich just in dem Augenblick folgen mußte, da mit einer Resolution die wichtigen Handelspartner in Westeuropa und den USA attackiert werden, hat der Regierung auch innenpolitische Kritik eingetragen. Bei einer kurzfristig einberufenen Sitzung des Außenpolitischen Ausschusse des Parlamentes hatten die bürgerlichen Parteien noch in letzter Minute versucht, die Regierung zu einer Stimmenthaltung zu bewegen. Eine Kontrastimme zur Resolution war wegen der traditionell kritischen Haltung gegenüber Südafrika ohnedies nicht zur Debatte gestanden. Immerhin wurde das dänische Votum in einem entscheidenden Punkt noch abgeändert. Es kam zu einer Stimmenthaltung in der wichtigen Frage der weiteren Sanktionen gegen Südafrika, in deren Wortlaut unter anderem von einem vollständigen Abbruch der diplomatischen Beziehungen und vom Ausschluß Südafrikas aus den Vereinten Nationen die Rede war. Die Zustimmung in diesem Punkt hätte den Bruch mit der bisherigen Auffassung bedeutet, in der UNO sollten alle Staaten vertreten bleiben, weil man auf diesem Weg besser auf sie einwirken könne.

Obwohl Dänemark in diesem Punkt anders gestimmt hat als die übrigen skandinavischen Staaten, hat es sich doch an diesem Abstimmungstag in New York einen großen Schritt von der Politik der Europäischen Gemeinschaft und der USA entfernt. Hierin gipfelt die interne Kritik, der sich nun die sozialdemokratische Minderheitsregierung Anker Jörgensens ausgesetzt sieht. Dänemarks UN-Politik sei nicht länger die Politik des ganzen Landes, sie werde durch radikale Einzelne beeinflußt; besonders die links-, sozialistische Partei soll beim Zustan-J dekommen des Votums eine wesentlich größere Rolle gespielt haben, als es ihr eigentlich zukäme.

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