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Kein Weg zurück

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In dieser Woche tut es gut, einen Blick auf unsere Hochschulen zu werfen. Am 22. Jänner werden in Hörsälen und Instituten Wahlzellen auf gestellt. 24.000 Studenten wählen ihre Standesvertreter. Im Gegensatz zu anderen Ländern sind Hochschulwahlen in Oesterreich immer auch ein politischer Urnengang. Bei allen Studentenwahlen seit 1945 haben die im „Wahlblock österreichischer Akademiker“ vereinigten christlich-demokratischen Verbände und Organisationen bisher unbestritten die Führung behauptet. Vor zwei Jahren schenkten ungefähr 60 Prozent aller Studenten ihren Kandidaten Vertrauen. Die Liste des nationalliberalen „Ringes freiheitlicher Studenten“ erzielte damals 28 Prozent aller gültigen Stimmen, der „Verband sozialistischer Studenten“ erreichte mit 12 Prozent der Wähler einen Achtungserfolg. Zu vollkommener Einflußlosigkeit verdammten die österreichischen Hochschüler die Kommunisten. Ueber ihre 1,56 Prozent geht man zur Tagesordnung über.

Stimmen, Mandate, Prozente: dies alles ist Vordergrund. Hinter ihm fand eine von der breiten Oeffentlichkeit kaum notierte große geistige Umgruppierung statt. Blicken wir zurück. Zu Beginn dieses Jahrhunderts waren katholische Studenten und ihre Organisationen die „Parias“ der österreichischen Hochschulen. Ein alles andere als toleranter Freisinn beherrschte das Feld. Ein mehr oder weniger stark akzentuierter „Deutschnationalismus“ gesellte sich hinzu. In den Jahren zwischen den großen Kriegen traten die katholischen Studenten zwar aus der Verfemung heraus — allein nicht selten gerieten sie in den Sog der nach wie vor das Feld beherrschenden „nationalen“ Kräfte. Erst um 193? trat eine Klärung ein.

1945 und die folgenden Jahre brachten Oesterreich vielfach eine Wiederherstellung der politischen Landschaft der Ersten Republik. War auch das Regierungssystem der großen Koalition am Regierungstisch neu, so richteten sich die politischen und weltanschaulichen Kräfte gar bald in ihren alten Domänen wieder häuslich ein. Die österreichische Hochschuljugend widerstand als eine der wenigen dem „restaurativen Zug der Epoche". Selbst als die national-freiheitlichen Korporationen und Verbände sich erneut vereinsrechtlich konstituierten, mußten sie bald ihre Erwartungen auf eine Wiedereroberung der österreichischen Hochschulen stark zurücknehmen. Schönerer ist eben schon lange tot.

Nicht wenig trägt zu dieser erfreulichen Klärung der Geister unter der akademischen Jugend die Tatsache bei, daß die Führung der im „Wahlblock österreichischer Akademiker"' vereinigten Verbände und Organisationen sich bisher allen „Ratschlägen“ widersetzt hat, etwa unter dem Titel „bürgerliche Sammlung“, ihre Grundsätze aufs Eis zu legen. Im Gegenteil: ein klares weltanschauliches und staatspolitisches Bekenntnis wurde neben ruhiger, sachlicher Ar- beit nie gescheut.

Man kann nicht behaupten, daß. in Oesterreich heute überall so klar Farbe bekannt wird.

Doppelt erfreulich: unsere junge Generation weiß es zu schätzen. Das sollte zu denken geben.

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