"...an Wunder glauben!"

Werbung
Werbung
Werbung

Ari Rath, geb. 1925 in Wien, kam 1938 nach Palästina. Der Ex-Chefredakteur der Jerusalem Post (1975-89) setzt sich für Versöhnung mit den Palästinensern ein.

Die Furche: Ist der Zionismus heute noch die identitätsstiftende Bewegung des Judentums auf der Welt?

Ari Rath: Ja, auf eine neue Art. Als ich in Wien aufwuchs, war ich nie Zionist. Aber nach dem Anschluss 1938 war mir klar: Es gibt nur ein Land, wo man mich nicht mehr vertreiben wird - Palästina. Zuvor hat man gewitzelt: Wer ist guter Zionist? - Das ist ein Jude, der seinen Freund überzeugt, genug Geld zu spenden, dass ein Dritter nach Palästina fährt. Nach der Staatsgründung Israels gab es eine Debatte, die Ben Gurion begann, der meinte: Jetzt ist das Ziel des Zionismus erreicht, wir brauchen keine Zionistische Weltbewegung mehr. Wir haben den jüdischen Staat. Ben Gurion setzte sich bekanntlich nicht durch - und der Zionismus besteht weiter: Wenn irgendwo auf der Welt sich eine jüdische Gemeinde bedroht fühlt, dann weiß sie, dass der Staat Israel da ist. Das heißt, der Zionismus hat für das jüdische Volk auch in der Diaspora eine bestimmte Stärke, Versicherung, Genugtuung geschaffen. Vor etwa drei Jahren gab es in Argentinien eine furchtbare Wirtschaftskrise und auch antisemitische Ausschreitungen, und da kamen zigtausende argentinische Juden nach Israel!

Die Furche: Aber Israel ist wie eh und je tief in den Konflikt mit den Palästinensern verstrickt.

Rath: Ein Hoffnungsstrahl im Unterschied zu anderen Konflikten ist dennoch, das der israelisch-palästinensische Konflikt - trotz der vielen grausigen Dinge, die passiert sind! - noch nicht vollkommen in den Abgrund des gegenseitigen unverbesserlichen Hasses gesunken ist. Im Gegenteil - es gibt immer wieder neue Initiativen - wie den Genfer Plan, der eine Initiative eines ehemaligen Generals des israelischen Geheimdienstes war, den übrigens schon 130.000 Palästinenser unterschrieben haben. Das ist keine kleine Sache! Ich bin nicht nur ein unverbesserlicher Optimist, ich halte mich auch an Ben Gurion, der einmal gesagt hat: Wenn man in Israel kein Träumer und Idealist ist, dann ist man auch nicht realistisch. In Israel muss man an Wunder glauben: Das ist aber gar kein Wunder, sondern eine gegenseitig anerkannte Notwendigkeit, die wir irgendwie erfüllen müssen, denn beide Seiten wissen ganz genau, wie die Konturen eines friedlichen Ausgleichs ausschauen werden. Und man sollte nicht noch mehr Zeit und Blut verschwenden. Ich hoffe, dass diese gegenseitige Anerkennung in nicht ferner Zukunft auch politische Schritte nach sich ziehen wird!

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung