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Budgetam Rande

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Erstmalig seit 1945 wurde der Budgetgesetzentwurf genau vier Wochen vor dem in der Bundesverfassung vorgeschriebenen Termin von der Bundesregierung verabschiedet. Es ist verständlich, wenn die unmittelbar Beteiligten ebenso wie die Propagandisten der Regierungspartei auf dieses Faktum besonders verweisen, sind doch noch jene letzten „Budgetnächte“ vor dem 22. Oktober in Erinnerung, in denen innerhalb der Bundesregierung um die letzten, manchmal auch wichtigsten Einzelheiten der Budgetgestaltung gerungen wurde. Daß es nun der „Monokoloren“ gelungen ist, vier Wochen vor der Fallfrist fertig zu werden — im Vorjahr waren es zwei Wochen —, ist erfreulich, aber in Wirklichkeit nicht die Sensation, als die es die Propagandisten der Regierungspartei gerne gewertet wissen möchten. Es wäre im Gegenteil ein Armutszeugnis für eine Einparteienregierung, wenn sie sich über das Budget nicht so rechtzeitig einigen könnte, daß Verhandlungen bis zur letzten Sekunde notwendig wären. Darum ist es vielleicht auch am Platz, ein paar Worte über die Budgetverhandlungen der vielgelästerten Koalitionsregierungen zu verlieren.

Vor allem muß einmal ausgesprochen werden, daß jeder Ressortminister, gleichgültig, welcher Partei er angehört — das ist in einer Einparteienregierung nicht anders als in einer Koalition —. die volle und ungeteilte Verantwortung für sein Ressort trägt, die ihm nach den Buchstaben und dem Sinn der Bun

desverfassung niemand abnehmen kann. Das Budgetgesetz ist das wichtigste des Jahres. Von keinem Gesetz hängt die Wirksamkeit einer Ressortverwaltung so weitgehend ab wie vom Budgetgesetz, und je weniger Mittel einem Ressort zur Verfügung stehen, um so geringer ist diese Ressortwirksamkeit und um so größer sind die Schwierigkeiten, denen sich die Minister gegenübersehen. Es ist dabei völlig gleichgültig, ob es sich um gesetzlich ge- bundene Ausgaben oder

kredite, wie z. B. die Beamtengehal- fe, die. Bußg eiträg . Sozial-, Versicherung, den Grünen Plan oder' die Fremdenverkehrsförderung, handelt. Daß es außerdem ausnahmslos in jedem vom Budget berührten Verwaltungsbereich unzählige Dinge gibt, deren Durchführung sinnvoll und zweckmäßig und vor allem von den unmittelbar oder mittelbar Betroffenen dringend verlangt wird, steht ebenfalls außer jeder Diskussion, denn niemand wird bestreiten, daß die Leistungen aus den Sozialversicherungen ebenso erfüllt werden müssen, wie der Fremdenverkehr einer ständigen Werbung bedarf. Und es gibt — im Gegensatz zu einer sehr gerne vertretenen Auffassung — kaum eine Forderung an das Budget, deren materielle Berechtigung nicht nachgewiesen werden könnte. Die Aufgabe, der sich die Ressortminister daher bei den Budgetverhandlungen gegenübersehen, ist in Wirklichkeit die, unter der großen Zahl dieser berechtigten Forderungen und Wünsche eine Rangordnung zu schaffen. Sie werden bei dieser schwierigen Arbeit von der öffentlichen Meinung meistens recht schlecht unterstützt. Diese öffentliche Meinung stimmt nämlich

— richtiger- und notwendigerweise!

— zwar in dem Ruf nach allgemeiner Sparsamkeit überein, unterstützt aber in der Regel, je nach der Interessenlage, ebenso lautstark die einzelnen Forderungen an das Budget. Immer wieder kann man in den Publikationsorganen aller Art auf der ersten Seite die Vorwürfe an Minister lesen, daß sie nicht genug sparsam seien, um dann auf Seite 5 ebenso lautstark Einzelforderungen vertreten zu sehen, die dem Grundsatz der Sparsamkeit diametral widersprechen.

Daß sich in einer solchen Situation die Minister einer Mehrparteienregierung sehr schwer tun, liegt auf der Hand. Jeder Minister einer solchen Regierung trägt neben seiner verfassungsrechtlichen V erantwor-

tung für das Ressort auch noch die gegenüber seiner Partei, die begreiflicherweise größtes Interesse daran hat, beim nächsten Wahlkampf darauf zu verweisen, daß gerade ihre Minister für die von ihnen zu verantwortenden Bereiche besonders erfolgreich gewesen sind. Daraus ergaben sich dann die langen, unendlich mühsamen Budgetverhandlungen, die bis zur letzten Minute geführt wurden, damit sich die Minister darauf berufen konnten, daß sie erst unter dem Druck der ab- gelaufenen Zeit ihre entsprechenden Konzessionen sich abringen ließen. Dabei spielte der berechtigte Hinweis auf die sonst unvermeidlich werdende Demission der Regierung eine nicht geringe Rolle.

In einer Einparteienregierung ist dies anders. Eine Demission einer Einparteienregierung, die wegen der Nichteinigung über das Budget notwendig würde, wäre für die Regierungspartei ein geradezu tödliches Ereignis. Eine Einparteienregierung muß sich auf ein Budget einigen, sie würde sonst die Unfähigkeit der Regierungspartei in aller Öffentlichkeit beweisen. Für eine Einparteienregierung gibt es das Mttel der Demission wegen der Nichteinigung des Budgets nicht. Dieser Zwang machte es daher auch möglich, sich nicht erst im letzten Moment, sondern schon vier Wochen vorher über das Budget zu einigen.

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