6723165-1965_20_13.jpg
Digital In Arbeit

Von den Speeren bis zu den Atomwaffen

19451960198020002020

FRIEDE UND MODERNER KRIEG IM URTEIL DER KIRCHE. Von Karl Hormann. Wiener Dom-Verlar, 1864. 112 Seiten. Preis 4g S.

19451960198020002020

FRIEDE UND MODERNER KRIEG IM URTEIL DER KIRCHE. Von Karl Hormann. Wiener Dom-Verlar, 1864. 112 Seiten. Preis 4g S.

Werbung
Werbung
Werbung

Seit der Gründung der Kirche ist deren Verhältnis zum Krieg zur Diskussion gestellt, heute mehr denn je, und diese Diskussion dürfte nie „zu einer allgemein angenommenen und befriedigenden letzten Lösung vorstoßen“ (Seite 8). Es handelt sich dabei nicht um die ganz überflüssig behandelte Frage, ob die Kirche grundsätzlich den Frieden will oder nicht — daß sie ihn will, steht außer Zweifel und bedarf keiner Beweise. Hörmann legt deshalb auch das Schwergewicht seiner dankenswerten Untersuchungen darauf, wie sich die Kirche zum Krieg von den Speeren bis zu den Atomwaffen gestellt hat, und hält besonders an Hand der Enunziationen Pius' XII., Johannes' XXIII. und Pauls VI. fest, daß für die Kirche bloß ein gerechter Krieg, nur ein aufgezwunger Verteidigungskampf als Notmittel zulässig sei und daß selbst in einem solchen Krieg unmenschliche Waffen verboten sein sollten. Ein klarer Trennungsstrich zeigt sich zwischen dem privaten Töten (Mord) und dem Pflichtigen Waffengebrauch des Soldaten. Den überaus überzeugenden Ausführungen könnten wir noch beifügen, daß Leo XIII. die den gerechten Krieg anerkennende Lehre des heiligen Thomas von Aquin 1879 zur offiziellen Kirchenphilosophie erklärt hat, daß in älteren Zeiten Innozenz II. die Armbrust ächtete, um die Menschheit vor Ausrottung zu schützen, und daß Innozenz III. den Christen Schuß- und Wurfwaffen verbieten wollte.

Der Autor spricht unter Heranziehung des Alten und Neuen Testaments wie auch des Naturrechts ausschließlich als Moraltheologe, und das ist derzeit der wichtigste Standpunkt. Es wäre durchaus unbillig, zu verlangen, daß das Thema im gestellten Rahmen auch von anderen, ins Uferlose führenden Gesichtspunkten aus hätte geprüft werden sollen. Wie sehr aber der Krieg in alle Gebiete reicht und strenge Abgrenzungen gar nicht gestattet, zeigt sich unter anderem an einigen berührten Problemen: der Präventivkrieg und seine Verquickung mit der Aggression bedarf dringend einer militärischen Erklärung; die Kriegsdienstverweigerung kann ohne Wehrpsychologie nicht beurteilt werden; Kriegsrecht, Politik, Wirtschaft und anderes drängen sich überall zur Mitbetrachtung auf. Das alles würde jedoch, wie gesagt, den abgesteckten Rahmen des Buches überschreiten. Mag in diesem dem Wesen nach kaum Neues gesagt sein, liegt doch eine von autoritärer Seite gebrachte Aufklärung über zahlreiche Irrmeinungen vor, und dem Autor werden alle Katholiken, die in ihrem Staat den Soldateneid ablegen und halten müssen, für das verantwortungserfüllte Bekenntnis zu den Tatsachen, die vornehme Auseinandersetzung mit Gegenansichten, die lichtvolle Zergliederung von Frieden und Krieg und nicht zuletzt für die gebotene Gewissensberuhigung aufrichtigen Dank zollen.

Der straffe Inhalt, die erfreuliche Übersichtlichkeit und der wohlfeile niedrige Preis werden in allen Volksschichten dem Buch große Verbreitung sichern, das für Politiker, Lehrer und Offiziere zum Verstehen eines der Grundprobleme der Landesverteidigung unentbehrlich sein wird. Die Bemerkung, es lägen „Einzeldarstellungen und Sammelwerke über Frieden und Krieg in großer Zahl“ vor, bedarf noch des Zusatzes, daß alle diese Schriften nur Splitter sind, da sie bloß ein Ja oder ein Nein kennen, daß es jedoch an einem wirklich universellen Werk nicht „für“ oder „gegen“, sondern „über“ den Krieg nach wie vor fehlt. Nach einem solchen sollte einmal ein mutiger Verlag Umschau halten.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung