Für die Praxis gelernt

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Auch das Seminar für kirchliche Berufe in Wien-Ober St. Veit, Ausbildungsort für Pastoralassistent(inn)en, braucht Nachwuchs.

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Auch das Seminar für kirchliche Berufe in Wien-Ober St. Veit, Ausbildungsort für Pastoralassistent(inn)en, braucht Nachwuchs.

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Ob der "Dialog für Österreich" etwas gebracht hat oder noch bringen kann, fragen sich viele in der römisch-katholischen Kirche Österreichs. Zumindest in einem Einzelfall zeigte er Wirkung: "Der Dialog war für mich der Anreiz zu dieser Ausbildung", sagt eine angehende Pastoralassistentin. Als sie beim Geistlichen ihrer Heimatpfarre Ablehnung gegenüber dem "Dialog" feststellte, war ihre Entscheidung für den Eintritt ins Wiener Seminar für kirchliche Berufe gefallen: "Jetzt erst recht."

Nicht nur an der Universität oder in den Theologischen Kursen, sondern auch im barocken Seminargebäude am Wolfrathplatz in Wien-Ober St. Veit, hier in einem vierjährigen Ausbildungsgang, kann man Pastoralassistent, frau Pastoralassistentin werden. Am Ende findet, wie nächsten Samstag, 26. Juni, 11 Uhr, in der Lainzer Konzilsgedächtniskirche, die Sendungsfeier für die Absolventen (heuer: 14) statt.

Das dritte Jahr ist ein Praxisjahr in einer Pfarre. Kehrt man nach einem solchen Jahr gern wieder ins Seminar zurück? Die Antworten der Studierenden sind zwiespältig: "Hier sitze ich mit gebundenen Händen, draußen kann ich etwas tun," lautet die eine Sicht, anderseits wird als positiv gesehen, die gemachten Erfahrungen noch einmal theoretisch aufzuarbeiten und sich dann wieder - noch fundierter - der rauhen Wirklichkeit zu stellen.

Die praxisorientierte Ausbildung wird einhellig gelobt: "Man sieht, daß man die Sachen brauchen kann, die man gelernt hat." Zunehmend sehen sich die Seminaristen, wenn sie in Pfarren arbeiten, mit Kritik an der Kirchenleitung konfrontiert, oft finden sie leichter den Draht zu den Gemeindemitgliedern als zu den Priestern, da manche Geistliche sich mit Laien - noch dazu theologisch gut ausgebildeten, die auf ihre Qualifikation pochen - schwer tun. Eine neue Definition des Priestertums und ein neues Verhältnis von Priestern und Laientheologen ist manchen der Ober St. Veiter Seminaristen ein Anliegen.

Strenge Maßstäbe Dabei sind die Leute weniger kritisch gegenüber ihrer eigenen Kirche eingestellt als in den 70er und 80er Jahren, meinen Seminarleiterin Ulrike Exler und Schulleiter Erich Blaha, beide akademisch ausgebildete Theologen. Die Schule besorgt die reine Ausbildung, die Wohn- und Lebensgemeinschaft im Seminar dient der gewünschten ganzheitlichen, auch spirituellen Persönlichkeitsbildung. Sie läßt auch Eignung oder Nichteignung klarer erkennen.

An die 1.000 Absolventen hat das Haus schon hervorgebracht, derzeit gibt es rund 65 Studierende, zu 80 Prozent Frauen. Wer eintreten will, muß sich in seiner Heimatdiözese bewerben, die für aufgenommene Bewerber einen großen Teil der Kosten übernimmt. Jeder Aufnahmewillige muß über Matura oder eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen, dieses "zweite Standbein" ist vielen Seminaristen, so sehr ihnen der angepeilte Beruf auch Freude macht, auch eine wertvolle Stütze.

Mittelfristig machen sich Exler und Blaha Sorgen um den Nachwuchs, der nicht nur an den Priesterseminaren ausbleibt, sondern auch an diesem Laienseminar abzunehmen droht, zumindest wenn man wie bisher bei der Aufnahme strenge Maßstäbe anlegt und nur wirklich geeignete Personen aufnimmt.

Analog zu Weihbischof Helmut Krätzl sieht Erich Blaha die Kirche "im Sprung gehemmt" und hält, um Hemmungen vor dem Seminar abzubauen, eine "Änderung der großkirchlichen Wetterlage" für wünschenswert.Ulrike Exler wünscht sich eine ehrlichere und klarere Anerkennung dieses Berufes als "geistlicher Beruf": "Es sind Leute, die sich wie Priester und Ordensleute voll in den Dienst der Kirche stellen. Auch um Pastoralassistenten sollte man beten."

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