richterfenster im kölner dom - © Foto: Getty Images / In Pictures  / Mike Kemp  -  Galsfenster von Gerhard Richter im Kälner Dom (2007)

Gott bleibt eine offene Frage

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Sinkende Mitgliederzahlen der Kirchen sagen wenig darüber aus, wie es um die Gottesfrage bestellt ist. Denn gerade Atheisten postulieren, wie sehr ihr Verlust bedauerlich wäre.

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Sinkende Mitgliederzahlen der Kirchen sagen wenig darüber aus, wie es um die Gottesfrage bestellt ist. Denn gerade Atheisten postulieren, wie sehr ihr Verlust bedauerlich wäre.

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Keine Frage, zugegeben: die Mitgliederzahlen der christlichen Kirchen in Deutschland und Österreich sind seit Jahren im Sinken. In Deutschland hat gerade noch die Hälfte der Bevölkerung einen christlichen Taufschein, die Menschen „ohne religiöses Bekenntnis“ bilden die relative Mehrheit der Bevölkerung. In Österreich waren in den 1970er Jahren 83 Prozent römisch-katholisch, heute sind gerade noch zwei Drittel der Einwohnerinnen und Einwohner Christen. Der konfessionelle Religionsunterricht, insbesondere in den städtischen Schulen, am deutlichsten in Wien, wird immer schwieriger zu organisieren, weil es so viele verschiedene anerkannte Religionsgemeinschaften gibt, sodass deren Gruppengröße für die Eröffnung eines eigenen Unterrichts zu gering ist. Aufgrund dieser „Verbuntung der religiösen Landschaft“ (Paul Michael Zulehner) bzw. der immer größer werdenden Zahl der Schüler und Schülerinnen ohne religiöses Bekenntnis erfreut sich das Alternativfach „Ethik“ immer größerer Beliebtheit, das zwar für alle offen ist, aber bei dem die „Religionsfreiheit“ unbedingt berücksichtigt werden muss – „Gott“ soll nicht vorkommen.

Keine Frage, die Geschichte der Religionen ist seit Menschengedenken auch eine Geschichte gewaltsamer Auseinandersetzungen: Religionskriege, Kreuzzüge, Inquisition und Ketzerverfolgung, zuletzt noch der ausufernde Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch kirchliche Funktionäre und Würdenträger, dem Bodenpersonal der himmlischen Mächte, hat Gott in Verruf gebracht (so vor allem Richard Dawkins, „Der Gotteswahn“, 2006)

Warum lässt Gott leiden?

(K)eine Frage an Gott blieb durch die Jahrtausende den Menschen, die furchtbares Leid erfahren hatten. Während der Dulder Hiob mit seinen Fragen erst nach langen theologischen Diskussionen seinen „Finger auf den Mund legte“ (Ijob 40,4) oder Dietrich Bonhoeffer in einer Predigt erklärte, selbst beim Jüngsten Gericht noch offene Fragen an den Allmächtigen stellen zu wollen, erübrigte sich für immer mehr Menschen durch das erfahrene Leid von Krankheit und Tod, Natur- oder Brandkatastrophen (wie insbesondere in Lissabon 1755) jegliche Frage nach Gott: die einzige Entschuldigung bestand nach Ansicht des Philosophen der Aufklärung Voltaire darin, dass es ihn nicht gibt.

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