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Probleme der Textilindustrie
Die Vorarlberger Textilindustrie kann auf eine seit längerer Zeit anhaltende, im großen und ganzen befriedigende Beschäftigungslage zurückblicken. Dieser positive Trend hält auch heute noch an.
Die scheinbar stabile, teilweise sogar expansive Entwicklung, darf über die schweren Probleme, denen sich die einzelnen Sparten der Textilindustrie gegenübersehen, jedoch nicht hinwegtäuschen. Das Wetterleuchten in der Branche, innerhalb und außerhalb der Grenzen Österreichs deutlich wahrnehmbar, mahnt zu äußerster Vorsicht in der Beurteilung der Zukunftsaussichten. Hatten die bisherigen Rationalisierungsmaßnahmen gerade ausgereicht, um das praktisch nicht mehr vermehrbare Arbeitskräftepotential im Lande auszugleichen (der Stand der in der Vorarlberger Textilindustrie beschäftigten Personen beträgt etwa 21.000) und die Produktion bei gleichem Beschäftigtenstand sogar zu erhöhen (der Bruttoproduktionswert der Vorarlberger Textilindustrie erhöhte sich von 1963 auf 1964 um 7,7 Prozent auf 4,2 Milliarden Schilling), ergibt sich nunmehr die zwingende Notwendigkeit, aus der Breite in die Tiefe zu gehen, die Kosten trotz ständig steigender Lohntangente herabzudrücken und die Spezialisierung vorwärtszutreiben. Dazu bedarf es eines höheren Einsatzes von Kapital, dessen Bildung infolge der gedrückten Preise völlig unzureichend ist.
Deshalb erwartet die Vorarlberger Textilindustrie mit Ungeduld die Verabschiedung d^r Wachstumsgesetze im Parlament, die es ermöglichen sollen, jene Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich sind, ihre Wettbewerbsfähigkeit im Inland und auf den ausländischen Märkten zu stärken. Nur die Steigerung der Leistungsfähigkeit gibt Gewähr dafür, daß die Vorarlberger Textilindustrie, welche sich für die Erhaltung von zwei Dritteln der industriellen Arbeitsplätze im Lande verantwortlich fühlt, den kommenden Entwicklungen mit Zuversicht entgegensehen kann. Der Absatz jeden Meters Gewebe,
jedes Stückes Wirkware muß gegen eine mächtige Konkurrenz erkämpft werden; im Ausland und im Inland. Die Vorarlberger Textilindustrie hofft, in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft bestehen zu können, wenn die vorstehend erwähnten Voraussetzungen geschaffen werden. Sie erwartet, daß die Vorteile des großen Marktes die Nachteile der noch schärferen Konkurrenz aufwiegen werden. Auch den Nachteil, daß die in den letzten Jahren schwer errungenen Marktvorteile in der kleinen Fredhandelszone bei einer Eingliederung in die EWG wohl verloren gehen werden. Es wird nämlich oft zu wenig beachtet, daß die österreichischen Textilexporte in die EFTA-Länder von Jahr zu Jahr angestiegen sind und jene in die EWG umfangsmäßig fast erreicht haben. (Anteil der Textilausfuhr in die EWG-Länder im Jahre 1964 38,8 Prozent, in die EFTA-Staaten 34,0 Prozent der Gesamtausfuhr, während das Verhältnis im Jahre 1961 noch zu 30 Prozent betrug.)
Der Inlandsmarkt hingegen ist seit der vollständigen Liberalisierung der Einfuhr ein Tummelplatz mehr oder weniger seriöser Konkurrenten, die mit niedrigem Lohnniveau, kräftiger steuerlicher Unterstützung ihrer Heimatländer und teilweise fragwürdiger Qualität ihrer Erzeugnisse dem schwerfälligen österreichischen AntiDumping-Gesetz äußerst geschickt ausweichen.
Die Bemühungen zur Existenzsdcherung laufen natürlich auf vielen Wegen. Nicht unbedeutend sind die zunehmenden Bemühungen der zwischenbetrieblichen Zusammenarbeit, der Bereinigung der Kollektionen, das Bestreben der Aufschließung auch der letzten Arbeitskraftreserven im Lande selbst und das Hinausgreifen in andere Bundesländer durch Filialgründungen und ähnliche Maßnahmen, die darauf abzielen, die Basis der Unternehmungen zu festigen und Vorarlberg den Ruf eines Textillandes auch in der Zukunft zu bewahren.
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