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Theatermethoden halten immer öfter Einzug in Firmen, wenn es darum geht, Probleme, Veränderungsprozesse oder komplexe Inhalte zu visualisieren.

Handeln ist heilender als reden", sagte der österreichische Arzt und Begründer des Psychodramas Jakob Levy Moreno (1890-1974). So oder so ähnlich sehen dies auch die Vertreter der Theatermethodik Unternehmenstheater. Dies ist eine Möglichkeit, Firmen mit der Hilfe von dramatischen Methoden bei Veränderungsprozessen, der Bewältigung von Problemen oder der Visualisierung von komplexen Inhalten zu unterstützen.

Einer der Anbieter ist Walter Kosar mit seiner Firma "the company stage". Ihm geht es vor allem darum, zwei Welten zueinander zu bringen. Gemeint sind die des Theaters und die der Marktwirtschaft, denn, so sagt er: "Diese beiden Welten haben sich sehr viel zu sagen." Kosilo, wie sich Walter Kosar nennt, legt sein Augenmerk auf gut ausrecherchierte Auftragswerke, und hält damit den Firmen einen Spiegeln vor. Und genau hier liegt der erste Knackpunkt. Wenn das Projekt zu einem Erfolg werden soll, muss sich die auftraggebende Firma auch voll und ganz darauf einlassen, denn Kosilo sucht die G'schicht hinter der Fassade.

Blick hinter die Kulissen

Mit Worthülsen kann kein Stück geschrieben werden. Öffnet sich jedoch ein Unternehmen und lässt den Schauspieler und Regisseur hinter die Kulissen blicken, können die wunden Punkte aufgedeckt und mit sehr viel Humor als Theaterstück auf die Bühne gebracht werden. Ein Prozess kommt in Gang und Probleme können im Nachhinein behoben werden, denn im Publikum sitzen die Mitarbeiter der Firma mit samt der Chefetage. "Endlich wird darüber gesprochen, wir haben seit Monaten nur noch über E-Mail miteinander kommuniziert", ist ein Zitat von einem Mitarbeiter nach so einer Aufführung. Kosilo verpflichtet Berufsschauspieler, die die abstrahierten Probleme auf der Bühne darstellen.

Doch auch die Mitarbeiter können zu Schauspielern werden, Kosilo trainiert vorher mit ihnen und macht sie "bühnenreif". Für den Mitbewerber Wolfgang Kainz bekommen Stücke, in denen auch Mitarbeiter mitspielen, einen besonderen Wert, denn sieht man einen Kollegen auf der Bühne, ist der Spaßfaktor noch um einiges größer und der behandelte Inhalt bleibt um einiges länger im Gedächtnis. "Es gibt so viel kreatives Potenzial in den Unternehmen, man muss von außen nur ein bisschen drehen und es entsteht eine tolle Performance", sagt Kainz. Zusätzlich fördert ein Mitarbeiter auf der Bühne den gruppendynamischen Effekt bereits bei den Proben. Auch die Produktionskosten sinken, wenn Profischauspieler durch Mitarbeiter ersetzt werden.

Kainz ist ausgebildeter Schauspieler und stand 20 Jahre auf der Bühne, bevor er sich mit seiner Firma Business Theater Wien in Richtung Unternehmenstheater entwickelte. Er bietet erlebnisorientierte Kommunikationsformen für Unternehmensinhalte an, sei es durch Schauspiel, Tanz, Malerei oder gänzlich andere Formen. Im Bereich Theater bietet er u.a. Sprechtheater, Musiktheater oder aber auch Forumtheater an.

Jeder darf im Forum reden

Forumtheater ist die zentrale Form im "Theater der Unterdrückten" von Augusto Boal aus Rio de Janeiro. In dieser Theaterform liegt eine Szene mit einem problematischen oder kontroversiellen Thema zu Grunde. Die Zuschauer können am Ende der Szene überlegen, was der Protagonist hätte anders machen können. Die Szene wird wiederholt und der Protagonist wird gegen einen Zuschauer so lange ausgetauscht, wie dieser spielen mag. Forumtheater schafft die Möglichkeit zur Diskussion und zum Selber-Ausprobieren, jeder darf seine Meinung sagen. Die somit vermittelten Inhalte wirken nachhaltiger, weil sie selbst erlebt und mitgestaltet wurden.

Mitarbeiter rekrutieren

Theatermethoden können nicht nur bei Veränderungsprozessen oder Problemen im Betrieb helfen, sondern auch für die Personal- und Organisationsentwicklung herangezogen werden, und dadurch die richtigen Mitarbeiter zu Tage fördern. Andrea Schörghofer ist selbstständige Personalentwicklerin und Theaterpädagogin und setzt zum Beispiel in Rekrutierungsverfahren Methoden des Theaters, wie das Forumtheater, ein. Einmal stellte sie den Bewerbern die Aufgabe, sich eine Verhandlungssituation im Zuge eines Kraftwerkbaues in Rumänien zu überlegen, in der sie mit einem Bürgermeister reden sollten. Bei der Aufführung vor den Personalchefs wurde dann im Stafettensystem der Protagonist abgeklatscht und ausgetauscht.

"Wir konnten alle Bewerbungskriterien während der Erarbeitung und bei der Aufführung der Szene beobachten", sagt Schörghofer. Die Idee war, zu testen, wie die Bewerber in ungewöhnlichen Situationen reagieren, wie spontan sie sind, und wie viel Mut sie haben. Alles Dinge, die im Vergleich bei einem Vortrag einer lange einstudierten Präsentation nicht so eindeutig herauszufinden sind. Theatermethoden können aber auch zur Darstellung komplexer Inhalte herangezogen werden oder generell als Kommunikationsmittel dienen. Kainz ist überzeugt, dass die Menschen diese Art des Kommunizierens brauchen, denn durch den Wust an E-Mails und den Überfluss an anderer Information sind sie kaum noch in der Lage, das Wichtige von dem Unwichtigen zu trennen. Auch Kosilo glaubt an die Wirkung des Theaters, das seiner Meinung nach schon von den Höhlenmenschen verwendet wurde: "Bevor die auf die Jagd gingen, haben die sicher viel geprobt, geprobt und geprobt."

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