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Trauben, die hoch hängen

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Die SPÖ-Vorschläge für das Regierungsprogramm zum Thema „Sozialpolitik“ umfassen nunmehr vier Seiten. Eigentlich enttäuschend wenig, wenn man bedenkt, daß Firnberg Kreisky ein 146-Seiten-Konzept geliefert hat. Schwerpunkte dieser Vorschläge sind die Neuberechnung der Pensionsrichtzahl — was bedeuten würde, daß schon mit dem 1. Jänner 1971 die Pensionserhöhung 7,7 statt, wie nach dem bisherigen Schlüssel, 6,4 Prozent betragen soll —, die Reorganisation des Krankenhauswesens auf der Grundlage eines gesamtösterreichischen Krankenhausplanes (einschließlich eines Finanzierungskonzeptes) und der Ausbau des Betreuungsdienstes für Kranke, Ältere und Gebrechliche. Einen weiteren Schwerpunkt dürfte der in den SPÖ-Vorschlägen stereotyp wiederkehrenden — und nur öfters abgewandelte Satz „Anpassung des Systems der sozialen Sicherheit an die Aufgabenstellung einer aktiven Gesundheitspolitik“ darstellen.

Angesichts dieser eher mageren Vorschläge ließen es sich Gewerkschaftsbund und Arbeiterkammer nicht nehmen, ihrerseits Ergänzungen — nicht Forderungen — anzubringen. So erklärte Benya, daß die kommende Regierung „vom ÖGB danach beurteilt werden wird“, wie weit sie auf die ÖGB-Initentionen einzugehen bereit ist: Auf dem Gebiet der Sozialpolitik erachtet der ÖGB eine Verbesserung des Betriebsrätegesetzes für vordringlich, weiters eine Kodifikation des Arbeitsrechts und neue Maßnahmen zur Förderung einer aktiven Arbeitsmarktpolitik. Ebenso — so Benya — ist im Interesse der älteren Generation eine Korrektur der Berechnungsmethode für die Pensionsanpassung erforderlich. Die Arbeiterkammer forderte to einer Resolution einen längerfristigen Finanzierungsplan auf dem Gebiet der Sozialversicherung, eine bessere Form der Berechnung der Dynamikrichtzahl in der Pensionsversicherung und eine Erhöhung der Witwenpension auf 60 Prozent der Versichertenpension. Die Sicherung beziehungsweise Wiederherstellung der Gesundheit wird in der Resolution der Arbeiterkammer als eine gesellschaftliche Verpflichtung bezeichnet.

In den Gegenvorschlägen der Volkspartei bei den Regierungsverhandlungen ist von einer Reform des Krankenversicherungswesens, einer Verbesserung der Pensionsdynamik, einer gezielten Verbesserung der Witwenrenten und Ausgleichszula-igen und höheren Familienbeihilfen die Rede.

Ein weiterer Grundsatz der ÖVP-Linie in der künftigen Sozialpolitik ist hingegen eine Gleichschaltung von Arbeitern und Angestellten bei der arbeitsrechtlichen Behandlung; und hinter der „Schleifung“ dieses Unterschiedes steht mit vollem Einsatz der ÖAAB. Die sozialistischen Absichten, die steuerlichen Begünstigungen für Familienenhalter abzuschaffen, stoßen in der Kärntnerstraße auf heftigste Ablehnung und könnten bei den Regierungsverhandlungen einen „Stolperstein“ darstellen. Weiters haben sich die VP-ler in ihrem Programm für die siebziger Jahre verpflichtet, eine verbesserte Witwenversorgung und einen Hilf-losenzuschuß für Frauen von Pensionisten anzustreben. Diese Verpflichtung dürfte bei den Verhandlungen mit der SPÖ nicht unter den Tisch fallen, will die Volkspartei bekräftigen, daß sie diesen Vorschlag ernst meint.

Um dem Mißverhältnis zwischen beitragszahlenden Versicherten und Leistungsempfängern Rechnung zu tragen, tritt die Volkspartei für die Einführung eines Bonus bei freiwilliger späterer Inanspruchnahme der Alterspension in allen Zweigen der Pensionsversicherung ein.

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