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Silberstreif am Horizont

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Die große Oppositionspartei hat im auslaufenden Sommer auf dem Gebiet der Spitalsfinarizierung einen Schritt getan, der den Weg für eine zukunftweisende Lösung freigibt - ob er beschriften wird, hängt von den beteiligten Akteuren ab. Sie hat sich auf eine Strategie geeinigt, die eine finanziell realistische ist und im Sinne der Erstzuständigkeit des einzelnen vor dem Staat auf der Linie eines Abbaus der Überforderung der öffentlichen Hand nicht nur gesellschaftspolitisch richtig liegt, sondern auch nachhaltige Sanierung erwarten läßt.

Ihre Spitzenfunktionäre und die Landeshauptleute aus ihren Reihen haben sich nach einer längeren - nicht unverständlichen, aber deshalb nicht auch ungefährlichen! - Periode einanT der widersprechender Vorschläge darauf geeinigt, jede Art weiterer genereller Belastungen für die Bevölkerung abzulehnen und sich zur Mitwirkung an einer Lösung der Spitalsfinanzierung dort anzubieten, wo sie in erster Linie hingehört: bei der Sozialversicherung.

Damit wurde - mit Recht - jenen Bundesländern gefolgt, die (unter Einschluß auch eines sozialistisch geführten!) durch Finanzierung der Spitäler den Ball den Krankenkassen zugespielt haben, wo er der Sache nach auch hingehört: Was ist schließlich der Spitalsaufenthalt und die Spitalsbehandlung anderes als ein Riskenfall, zu dessen Deckung eben das System der kollektiven Krankenversicherung geschaffen wurde.

Die Finanzierungsvorschläge, die zunächst auf dem Prinzip von Budgetumschichtungen beruhen, lassen darüber hinaus erkennen, daß nicht nur Sondersteuern aller Art abgelehnt’ werden, sondern auch alle Erhöhungen steuerähnlicher Abgaben, wie Erhöhungen von Sozialversicherungsbeiträgen oder eine neuerliche Anhebung der Höchstbemessungsgrundlage. Mit Recht, da der Arbeitgeberbeitrag die Konkurrenzfähigkeit der österreichischen Wirtschaft nicht minder belastet als eine Erhöhung der Steuerlast und die Arbeitnehmerbeiträge den Krankenversicherten ohne Rücksicht darauf, wie weit er von den Einrichtungen Gebrauch macht, zur ihrer Finanzierung heranziehen.

Wäre das Konzept hier zu Ende, so wäre ein Widerstand der für die Gebarung der Krankenkassen verantwortlichen Funktionäre verständlich, ist doch auch dieser Teilbereich des Wohlfahrtsstaates rasch in die Zone finanzieller Schwierigkeiten gekommen und würden die Probleme mit einem bloßen Herumreichen der Defizite sicherlich nicht gelöst.

Das mit dem letzten Wochenende in Alpbach zu Ende gegangene Seminar, das sich mit dem Problem der Überforderung des heutigen Staates befaßte, hat es wie einen roten Faden durchzogen: Der Staat kann nur dann von seiner finanziellen Überforderung entlastet werden, wenn wieder ein Zusammenhang zwischen der Beanspruchung seiner Leistungen mit einer gewissen finanziellen Gegenleistung dessen, der sie beansprucht, hergestellt wird. Und-dort, wo dieser ohne direkte Staatshilfe nicht auskommt, soll er durch eine direkte Hilfe zur Leistung des geforderten Entgeltes dazu in die Lage versetzt werden. Auch ein den Sozialisten nahestehender Referent hat sich sogar auf dem Gebiet der Hochschulbildung dafür ausgesprochen, auf diese Weise von der Objektförderung zur Subjektförderung überzugehen. Der so Geförderte kann damit auf das Angebot Einfluß nehmen, das seinen Präferenzen entspricht. Gezielte Beihilfen statt generellem Null-Tarif!

Auch sein Vorschlag, die öffentlichen Leistungen mehr über Gebühren als über Steuern zu finanzieren läuft darauf hinaus, durch eine unmittelbare Verbindung zwischen Inanspruchnahme und Entgelt wieder eine Art Preismechanismus wirksam werden zu lassen, der den tatsächlichen Bedarf an öffentlichen Leistungen auf Grund der Bereitschaft, dafür etwas aufzuwenden, wieder etwas deutlicher erkennen ließe. Die Präferenz bei der Finanzierung des Straßenbaus im Wege der Maut gegenüber der Steuer liegt auf der selben Linie.

Auf eine Wiedereinführung marktwirtschaftlicher Steuerungsmechanismen sind auch alle Vorschläge gerichtet, bisher öffentlich erbrachte Leistungen - wenn dies eine Verbesserung der wirtschaftlichen Effizienz erwarten läßt - privatwirtschaftlich zu erbringen. Dabei ist bemerkenswert, daß solche Vorschläge von Vertretern der jüngeren Theoretiker- und Praktiker-Generation unterschiedlicher parteipolitischer Naheverhältnisse vertreten werden. Wichtig ist dabei als gemeinsamer Nenner, daß sozial nicht mehr zwingende Belastungen der öffentlichen Haushalte nachhaltig abgebaut werden und darüber hinaus Ersparungen dort erzielt werden, wo das geforderte Entgelt eine Einschränkung der Nachfrage nach solchen Gütern und Leistungen zur Folge hat.

Auf dem Gebiet der Krankenkassenfinanzierung heißt dies: weiterer Ausbau des bei und an sich schon weit verbreiteten System der Selbstbeteiligung, welches es ermöglicht, allen echten sozialen Rücksichtnahmen Raum zu geben. Die Grenzen der Zahlungsbereitschaft der Riskengemeinschaft wird auch der Kostenexplosion auf diesem Gebiet Grenzen setzen.

Der Weg zur stärkeren Selbstbeteiligung der Krankenversicherten hätte in den Beschlüssen von Mösern sicherlich noch deutlicher ausfallen können. Die Spitzen der Volkspartei haben sich aber jedenfalls in dieser Richtung gesprächsbereit gezeigt. Sie dürfen hier Qfeg& tßiSjgwas foręęhpr sein, Die Forderung nach, einer stärkeren Heranziehung des längst dazu befähigten Wohlstandsbürgers - Ausdruck des Prinzips nur subsidiärer Zuständigkeit der öffentlichen Hand - hat in den letzten Monaten oft verwirrender Diskussion in immer weiteren Bevölkerungskreisen spürbar an Boden gewonnen.

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