
E. F. Schuhmacher: Gegen den Größenwahn
Vor 50 Jahren erschien ein Klassiker der Nachhaltigkeitsliteratur. Mit „Small is beautiful“ erwies sich Ernst F. Schumacher als hellsichtiger Kritiker der technologischen Entwicklung.
Vor 50 Jahren erschien ein Klassiker der Nachhaltigkeitsliteratur. Mit „Small is beautiful“ erwies sich Ernst F. Schumacher als hellsichtiger Kritiker der technologischen Entwicklung.
Macht der technische Fortschritt unser Leben einfacher oder komplexer, leichter oder mühseliger – oder beides zugleich? „Als ich begann, die Welt zu bereisen, und reiche und arme Länder besuchte, war ich versucht, den ersten Grundsatz der Wirtschaftswissenschaft wie folgt zu formulieren: ‚Die Menge an wirklicher Muße, die eine Gesellschaft hat, steht im umgekehrten Verhältnis zur Menge an arbeitssparenden Maschinen, die sie verwendet‘.“ Das schrieb Ernst Friedrich Schumacher, der 1955 als ökonomischer Berater im damaligen Burma (heute Myanmar) tätig war.
Dort entwickelte der deutsche Ökonom, der noch vor Beginn des Zweiten Weltkriegs nach England geflohen war, die Grundregeln einer „buddhistischen Wirtschaftslehre“. Darin sah Schumacher nicht nur ein Vorbild an Einfachheit und Friedfertigkeit, sondern auch den Ausdruck einer radikalen Vernunft: Denn „erstaunlich kleine Mittel“ würden so „zu außerordentlich zufriedenstellenden Resultaten“ führen. Er war überzeugt, dass die „Produktion von lokalen Betriebsmitteln für die lokalen Notwendigkeiten die rationalste Weise des Wirtschaftens ist“.
Eleganz und Schönheit
Die Abkehr vom westlichen Materialismus durchzieht sein einflussreiches Werk „Small is beautiful“ (1973), das zu einem Klassiker der Umweltbewegung und Nachhaltigkeitsliteratur werden sollte. Das Buch stand zunächst im Schatten des ein Jahr zuvor publizierten Berichts über die „Grenzen des Wachstums“. Die Studie des „Club of Rome“ zeigte empirisch, was es bedeutet, wenn die planetaren Ressourcen weiter ausgebeutet werden. Schumacher hingegen ging einen Schritt weiter und reflektierte über die tieferen geistes- und sozialwissenschaftlichen Bezüge, die sich aus einer Abkehr vom bisherigen industriellen Entwicklungspfad ergeben würden. „Wer das Buch als Angehöriger einer jüngeren Generation zum ersten Mal liest, wird sich fasziniert die Augen reiben und feststellen: ‚Small is beautiful‘ war nicht nur seiner Zeit voraus, sondern ist von einem Scharfsinn geprägt, der das Gros aller späteren Einlassungen zum Thema blass aussehen lässt“, schreibt der Nachhaltigkeitsforscher Niko Paech im Vorwort zur jüngsten Neuauflage im oekom-Verlag.
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