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Briefe an den Herausgeber der „furche'

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Erwägungen zur Forstgesetznovelle

Geehrter Herr Herausgeberl

In den letzten Monaten wurde in diesem Blatt wiederholt die Abänderung beziehungsweise Ergänzung des alten Forstgesetzes kritisiert, wobei für manche gesunde Anschauung eine Lanze gebrochen wurde. Erlauben Sie mir, im Nachstehenden einmal die Ansichten eines Försters wiederzugeben, der im Außendienst täglich Gelegenheit hat, das Forstgesetz an den natürlichen Gegebenheiten zu prüfen.

Nach dem Gesetzentwurf unter § 1A, Punkte 2 und 3, sind Waldungen von einer Größe über 100 ha nach einem behördlich zu genehmigenden Wirtschaftsplan und solche von 20 bis 100 ha nach einem Wirtschaftsprogramm zu bewirtschaften. So gut, so recht, wenn es sich hiebei um zusammenhängende Waldparzellen handelt. Wie verhält es sich aber, wenn der 20 ha große Waldbesitz sich aus zehn oder zwölf räumlich getrennten Waldparzellen zusammensetzt, bei denen im Einzelfall überhaupt nicht von einer Bewirtschaftung gesprochen werden kann? Da müßte der Forstgesetznovelle eine große und wichtige Vorarbeit geleistet werden, analog den Grundzusammenlegungen, wie sie die Agrarbehörde bei landwirtschaftlich genutzten Flächen durchführt. Dies würde zwar für manche Besitzer verschiedene Härten mit sich bringen, aber im großen gesehen ergäben sich viel bessere Möglichkeiten, den Kleinwaldbesitz intensiver und vor allem ertragreicher zu bewirtschaften.

Punkt 5 des gleichen Paragraphen verlangt Anordnungen, wonach die jährliche Anwendung der festgelegten Wirtschaftsrichtlinien gewährleistet ist. Vor allem ist das Einlegen von Kahlschlägen über 2 ha Größe zu verbieten, wenn nicht besondere örtliche Gegebenheiten einen solchen Kahlschlag als notwendig erscheinen lassen. Dieses „wenn“ läßt sich natürlich dehnen, und örtliche Gegebenheiten lassen sich von verschiedenen Standpunkten aus behandeln. In diesem Zusammenhang sei auf ein, wie man hört, in Vorbereitung stehendes Gesetz aufmerksam gemacht, das die Agrarbehörde ermächtigen soll, darüber zu entscheiden, was in Zukunft noch Wald bleiben und was gerodet werden soll. Wenn solche Vorbereitungen im Gange sind, dann gehören auch Vertreter der betroffenen Partei, das ist der Forstwirtschaft, herangezogen, um waldschädliche Entscheidungen zu vermeiden.

Betrachtet man den § 22, der die sachkundige Bewirtschaftung und fachliche Betreuung des Waldes behandelt, so gewinnt man unwillkürlich den Eindruck, als hätte dieser Paragraph lediglich den Zweck, innerhalb des Waldbesitzes möglichst viele gesetzliche Planstellen zu schaffen. Wie soll ein Forstwirt in Zukunft in einem Wirkungsbereich von 12 bis 1500 ha seine berufliche Erfüllung sehen, wenn er zur Zeit vielleicht einen Amtsbereich von 15 bis 20.000 ha — also das Zehn- bis Zwölffache an Flächenausmaß — beaufsichtigt? Dadurch verliert der Beruf an ethischem Wert und wird zur Kleinlichkeitskrämerei degradiert.

Eine Entlastung von übermäßiger Arbeit soll eintreten, gewiß, aber sie würde vielleicht zweckmäßiger dadurch erfolgen, wenn die für den Außendienst bestellten Beamten und Angestellten nicht soviel kostbare Zeit am Schreibtisch mit Arbeiten verlieren müssen, die jeder Laie mit der. nötigen Allgemeinbildung auch verrichten könnte. Der Volksmund behauptet, die Zeit der Forstleute mit wallenden Vollbärten sei vorbei! Es scheint aber, die Zeit sei nicht mehr fern, wo Vertreter der grünen Gilde mehr in der Kanzlei, als im Walde zu sehen sind. Von einem Förster

Brauchen wir Bundesforstämter ?

Zum Artikel „Wünsche an ein Gesetz — Zur notwendigen Reform des Forstwesens“ in der „österreichischen Furche“. Nr. 36, ersucht uns die Pressestelle im Amt der Vorarlberger Landesregierung um Veröffentlichung folgender Stellungnahme:

Die beachtlichen Ausführungen des forsttechnischen Fachmannes können in einem

Punkt nicht unwidersprochen bleiben. Der Verfasser fordert Abänderungen von Verfassungsbestimmungen. Derartige Wünsche werden von den verschiedensten Interessentengruppen fast jede Woche vorgebracht. Es erzieht nicht zum Respekt vor dem Gesetz, wenn die Bevölkerung ununterbrochen den Eindruck hat. daß selbst die Verfassung, welche die Magna Charta des Gemeinschaftslebens sein sollte unablässigen Änderungswünschen unterliegt.

Das Forstwesen ist nach unserer Bundesverfassung in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache. Damit ist die Einheitlichkeit hinreichend gewahrt. Die Vollziehung wird im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung ausgeübt, das heißt durch die Landeshauptleute beziehungsweise die Ämter der Landesregierungen und die Bezirkshauptmannschaften. Die Vereinigung zahlreicher Verwaltungsgebiete in einem Amt hat sachlich den großen Vorteil der Einheitlichkeit und personell den der Sparsamkeit. Man stelle sich vor, es bestünden für Kulturpflege, Hochbau. Straßenbau, Sozialwesen, Gesundheitspflege und ein Dutzend anderer Sachgebiete eigene Ämter mit vollkommenem Apparat, die untereinander mit Aktenwechsel korrespondieren müßten, während in den Ämtern der Landesregierungen und in den Bezirkshauptmannschaften sich jeder Referent mit den anderen Sachbearbeitern persönlich aussprechen kann! Was heute dem Forstwesen recht wäre, müßte morgen vielen anderen Verwaltungszweigen billig sein, und wir wären bald bei einer Flut von Amtsstellen in den Landes- und Bezirkshauptstädten angelangt.

An dem bewährten Prinzip der „Einheit der Verwaltung“ sollte man auch dann nicht rütteln, wenn es den Wünschen der eigenen Berufsgruppe gerade entspricht. Der Austausch des Personals zwischen den einzelnen Bundesländern ist im Einzelfall auch beim gegenwärtigen Zustand möglich; ob eine Versetzungsmöglichkeit durch das Ministerium eine Verbesserung des Forstwesens brächte, bleibe dahingestellt.

Da gerade die Frage der Uberschlägerung nur im Zusammenhang mit der allgemeinen Wirtschaftspolitik gelöst werden kann, lassen sich die positiven Vorschläge am besten in der gegenwärtigen Organisationsform verwirklichen.

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