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Ein Monumentalwerk der Erziehungswissenschaft

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Zum Erscheinen des vierten und letzten Bandes des Lexikons der Pädagogik. Verlag Herder, Freiburg 1955. XXI Seiten, 1094 Spalten und 83 Seiten

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Zum Erscheinen des vierten und letzten Bandes des Lexikons der Pädagogik. Verlag Herder, Freiburg 1955. XXI Seiten, 1094 Spalten und 83 Seiten

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In erstaunlich kurzer Frist ist da ein Handbuch vollendet worden, auf das Verlag und Mitarbeiter, vor allem aber die planenden Herausgeber stolz sein können. Die glückliche Verbindung von zeitaufgeschlossenem Weitblick und Treue zu unverbrüchlichen Grundsätzen, von wissenschaftlichem Ernst und Gemeinverständlichkeit haben sich an einem Stoffgebiet bewährt, das eigentlich jeden angeht. Wir wünschen dem Werk, das auf insgesamt mehr als 2000 Seiten eine beinahe erschreckende Fülle von Problemen meistert, den ihm gebührenden Erfolg und . .. möglichst vielen Lesern diesen kenntnisreichen, unbestechlichen und aufrechten Berater für Eltern und Lehrer, aber auch für Politiker und Zeitungsleute, die sich über den heutigen Stand der Pädagogik schnell, knapp und einwandfrei unterrichten wollen. Aus dem reichen Inhalt des vierten Bandes heben wir einige besonders wohlgeratene Artikel heraus. (Ueber die Gesamtheit der Schlagworte, die in allen vier Teilen enthalten sind, orientiert uns ein vorzügliches, mehr als 16.000 Positionen umfassendes Personen- und Sachregister.) Hier haben wir die besten Länderartikel zu rühmen, die über das Erziehungswesen und die Unterrichtsprinzipien der Schweiz, der USA, Schwedens, Spaniens und der Türkei Auskunft mittein. Weniger befriedigen die Darstellungen der Sowjetunion und der Sowjetzone Deutschlands. Ganz hervorragend dünkt uns der recht kritische und dennoch gerechte Artikel UNESCO. Von sonstigen Leistungen seien herausgehoben: die dem Praktiker wichtigen Darlegungen über Schreibunterricht, Schulaufbau. Schulaufsicht. Schulbau, Schulbuch, Schule und Schulerziehung, Schülerauslese, Schülerselbstverwaltung. Schulreform (glänzend, abgewogen und maßvoll). Schulspiel, Schulverwaltung, Schulzucht, Sport, Strafe, Test,Unterricht, Unterrichtsfächer, Werkunterricht. Einen ungewöhnlichen Wert sprechen wir den Artikeln zu, die — mitunter ganze Abhandlungen auf gedrängtem Raum ersetzend — ethische Fragen erörtern, etwa die heiklen der Sexualität: Sechstes Gebot, Sexualpädagogik, Schund und Schmutz, Sittlichkeitsvergehen; dann Probleme der allgemeinen Moral: Selbständigkeit, Selbsterziehung, Sittlichkeit, sittliche Entwicklung, Tugend, Wahrhaftigkeit, Wille. Aufs Terrain der Politik hinüber führen Schulpolitik, Sozialismus und Erziehung, Soziallehre, Sozialpädagogik, Soziologie, Staat und staatsbürgerliche Erziehung, Totali-tarismus und Erziehung (ruhig, mutig und musterhaft im Urteil, bewundernswert treffend in der Auswahl der Tatsachen), Tradition, Völkergemeinschaft, Völkerverständigung, Weltanschauung und Pädagogik. Zahlreiche Schlagworte geleiten in pädagogische Grenzgebiete der Sprachwissenschaft, der Aesthetik — zum Beispiel Stil —, der Philosophie — Scholastik, Sensualismus, Skepsis, Subjekt und Objekt, Verstehen —, der Biologie — Typen und Typenlehre, Vererbung, Zwillinge. Zusammenfassende Uebersichten gelten dem eigenen Sonderstoff des Lexikons, dem „System der Pädagogik“, der „Vergleichenden Erziehungswissenschaft“ Universität und Volksschule. Volkshochschule sind sorgsam dargestellt. Wichtig wäre freilich eine umfänglichere Berücksichtigung der ausländischen Universitäten gewesen, die auch in diesem Zusammenhang und nicht nur in den Länderartikeln geschildert werden sollten. Bei den Volkshochschulen hätten wir eine auszugsweise Ueberschau der bedeutendsten deutschen, Schweizer und österreichischen Vertreterinnen dieser Institution gewünscht. An biographischen Artikeln, die selbstverständlich nur das für die Pädagogik Bedeutsame in den Vordergrund rücken, seien anerkennend erwähnt: Schleiermacher, Christoph von Schmid, Friedrich Schneider, Schopenhauer, Simmel, Thomas von Aquino, Willmann. Wir vermissen ungern Madame de Segur, Swift (Gulliver!) und Jules Verne. Im Artikel über Zweisprachigkeit wären immerhin die französischen Auslandlyzeen zu nennen, auch sollte auf den politisch betrüblichen, pädagogisch aber höchst bemerkenswerten Versuch der Volksdemokratien hingedeutet werden, überall neben die eigene Nationalsprache das Russische; und zwar nicht als Fremdsprache, sondern als. eine Art zweites, übernationales Idiom zu betreiben. Schade endlich, daß der beim Schlagwort „Spielzeug“ (Sp. 408) verheißene Artikel „Baukästen“ nirgends zu finden ist. Zumal die Steinbaukästen, den unübertrefflichen Richterschcn voran, und der ..Matador“ nebst anderem technischen Spielzeug, hätten je ein Stichwort verdient. Mit • derlei winzigen Ergänzungen und Lücken ist aber das Kapitel Vorbehalte erschöpft, es sei denn, daß wir die unausrottbare Berufskrankheit sämtlicher deutscher Lexika ins Gedächtnis rufen, daß sie zu wenig auf die ausländische Fachliteratur achten (wovon es allerdings gerade im Lexikon der Pädagogik viele lobenswerte Ausnahmen gibt). Und so obliegt uns abschließend nur die angenehme Pflicht, dieses unübertroffene und schwer zu übertreffende Handbuch nochmals aufs nachdrücklichste zu empfehlen.

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