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…und zu leicht befunden

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Insbesondere die Sektion 3 wäre an solchen Lösungen höchst interessiert. Sie ist nämlich unter anderem für die angewandte Forschung und technische Entwicklung in der österreichischen Industrie und Wirtschaft verantwortlich. Verzweifelt erbat sich unlängst der hierfür zuständige Ministerialrat für diesen Zweck von Minister Bock das Äquivalent des Betrages, der für einen Kilometer Autobahn ausgegeben wird. Statt dessen wird er für das Jahr 1962 ein Zehntel dieses Betrages erhalten: 3,1 Millionen Schilling. Die Unterschätzung der für unsere Wirtschaft und Industrie nötigen und diesen zugute kommenden Forschung —

in einer Zeit, in der Fortschritte auf gar nicht andere als hochorganisierte Weise und Koordination erzielt werden können — ist in Österreich nur noch mit den Vorgängen in einem Kafka-Roman zu vergleichen. Während Länder, wie Holland, Schweden, die Schweiz, jährlich 30 S pro Kopf der Bevölkerung für Forschung ausgeben, leisten wir uns 50 Groschen. Hierbei wird verkannt, daß die Schweiz zum Beispiel heute bereits mehr Geld durch Vergebung von Lizenzen an ausländische Firmen, als durch Warenausfuhr einnimmt, während bei uns ungeheure Summen eben für solche Lizenzen an die Länder mit hochentwickelter technischer Forschung bezahlt werden müssen. Forschung ist an sich zu einem Wirtschaftszweig geworden.

Man kann sich nicht des Eindrucks erwehren, daß eine Klärung der Begriffe, reine Grundlagen- und angewandte Forschung, ebenso wie eine Regelung der in anderen Ländern längst geordneten Beziehungen zwischen Staat, Wirtschaft und Wissenschaftlern, auf eine Weise, die allen drei Teilen Rechnung trägt, vonnöten ist; indessen bestehen bei uns nicht einmal geordnete gesetzliche Voraussetzungen für die Prüfung elektrotechnischer Geräte. Ja, es gibt nicht einmal ein Gesetz, das die zentrale Prüfung von Atomstrahlungsmeßgeräten gewährleistet. Da es zur Zeit, da unsere Verfassung geschaffen wurde, das Atom nicht oder nur in den Köpfen einiger Wissenschaftler gegeben hat, ist es derzeit in Österreich „Sache der einzelnen Länder“. Wir haben zwar einen Reaktor, aber er läuft ohne Bundesgesetz, und das ist verblüffend, wenn man sich vorstellt, daß Isotopen bereits in der Industrie verwendet werden. Aus den gleichen Gründen fragt die Sektion 3, ob es nicht möglich ist, das Durcheinander in der Frage der Güte-, Sicherheits- und Prüfungszeichen für gewerbliche und Industrieprodukte zu beheben.

Kein Mensch wäre in Österreich geschützt, beim Einkauf von Flüssigkeiten und von Waren nach Gewicht betrogen zu werden, wenn es nicht die Abteilung Maß- und Eichwesen der Sektion 3 gäbe. 2050 Beamte ziehen ständig durchs ganze Land und prüfen unsere Strom- und Gaszähler, Mineralölbehälter und Uhren bei Tankstellen, Fieberthermometer, Injektionsspritzen und so weiter. Als unlängst ein Beamter des Vermessungsamtes an die ungarische Grenze kam, bemerkte er etwas, das sowohl Gendarmen wie dem Bundesheer als auch Zöllnern entgangen war: die Ungarn hatten auf österreichisches Gebiet, hundert Meter landeinwärts von der Grenze, einen Wachtum hingebaut. Es wäre niemandem aufgefallen und die Republik wäre um 100 Meter ihres Territoriums ärmer geworden, wenn der

Beamte es nicht im Laufe seiner Routinevermessungen bemerkt hätte. Auf ähnliche Weise konnte der Stadt Wien mitgeteilt werden, daß sich infolge Schottergewinnung ihre Basis an ihrem westlichen Endpunkt um 240 Meter verkürzt habe.

Unsere Kartographen werden wegen ihrer Tüchtigkeit von Nachbarländern für Vermessungen aus der Luft und Anfertigung von Karten geheuert.

Die internationale wissenschaftliche Prüfungsstelle für Neukonstruktionen von Eisenbahnwaggons, Lokomotiven und anderen Vehikeln befindet sich in Wien im Arsenal. Sie wird von einer Abteilung der Sektion 3 geführt und von der ganzen Welt in Anspruch genommen und anerkannt. Man hat aber den Eindruck, daß sich die Sektion weit weniger Anerkennung in Österreich, insbesondere im Budget, erfreut.

Die Beschreibung der Agenden und Probleme der übrigen Sektionen des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau wird in der folgenden Nummer der „Furche" fortgesetzt.

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