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Ministerium des guten Herzens
Einer der ersten Sozialpolitiker und Arbeitsrechtler war Moses. Er verordnte: „Sechs Tage sollst du arbeiten, aber am Sabbath sollst du feiern, damit dein Ochs und Esel ruhen und deiner Magd Sohn und dein Knecht sich erquicken.” (Man beachte die Reihenfolge.) Über Lohnpolitik wußte er zu sagen: „Es soll des Tagelöhners Lohn nicht bei dir bleiben bis zum nächsten Morgen.” Und über das Verhalten gegen ausländische Arbeiter: „Und auch den Fremdling sollst du nicht schinden, denn ihr selber seid Fremdlinge gewesen in Ägypten.”
Tatsächlich war alle Sozialpolitik ursprünglich ein Teil der religiösen Verfassungen, deren Ausstrahlung direkt in die ständischen Ordnungen des Mittelalters und indirekt bis in unsere Zeit und sicherlich bis in alle Zukunft hineinreicht. Nichtsdestoweniger wurde sie mit dem Aufkommen absoluter monarchischer Regime zu einem Teil der Innenpolitik. Im ältesten Industrieland, in England, gab es schon im 15. Jahrhundert, weniger aus religiösen als aus wirtschaftspolitischen Gründen, ein staatliches Sonntagsarbeitsverbot.
Der Feldwebel als Arbeitsinspektor
Kaiserin Maria Theresia bediente sich bereits bewußt der Steuern als eines Faktors der Sozialpolitik: die Kopfsteuer betrug für einen Erzbischof Gplden und, fūr ęjpen Knecht vier Kreuzer. Unter ihrer Regierung gab es schon eine Arbeitsinspektion, die allerdings nicht dem Arbeiterschutz galt, sondern zu prüfen hatte, wie die Produktion — und damit reichere Steuererträgnisse für den Staat — gefördert werden könnte. Es gab damals auch schon eine gewisse Gesundheitskontrolle der Manufakturbetriebe, was jedoch von den Militärbehörden veranlaßt wurde, da bei den Assentierungen zum Militärdienst, insbesondere in den schlesischen Webergebieten, zu viele Untaugliche festgestellt worden waren. 1828 verschwanden diese Inspektoren wieder aus dem öffentlichen Leben.
Der religiösen Quellen entspringende Kanon arbeitsrechtlicher und Fürsorgeverpflichtungen wurde durch die Revolutionen und Machtübernahmen des dritten Standes, insbesondere in England und in Frankreich, zertrümmert. Wohl deklarierte Robespierre in seinen sozialen Axiomen der Menschenrechte im Artikel 11: „Die Gesellschaft ist verpflichtet, für den Unterhalt aller Glieder Sorge zu tragen, indem sie ihnen entweder Arbeit verschafft, oder denjenigen, welche nicht imstande sind, zu arbeiten, die Mittel des Unterhalts sichert.” Im Artikel 12 heißt es: „Die den Bedürftigen zu leistenden Llnter- stützungen sind eine Schuld der Reichen an die Armen; es kommt dem Gesetze zu, zu bestimmen, wie diese Schuld getilgt werden soll.” Artikel 13 bestimmt: „Diejenigen Bürger, deren Einnahme nicht mehr beträgt, als was für ihren Unterhalt notwendig ist, sind davon befreit, zu den öffentlichen Ausgaben beizutragen; die anderen müssen sie jeder nach Maßgabe der Größe seines Vermögens fragen.”
Aber das war vom Standpunkt der vorherrschenden gesellschaftlichen Kräfte der Französischen Revolution, deren Parole „Bereichert euch!” lautete, eine „Linksabweichung”, die Robespierre schließlich den Kopf . kostet.,
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