Kein cooler XXL-Papst

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Benedikt XVI. in Köln: Leiser, Werbender, Bewahrender des Glaubens.

Es war ein Heimspiel: Auch wenn viele Kommentatoren vor dem Weltjugendtag die Stimmung angeheizt hatten: Würde er es schaffen, in die Fußstapfen des Weltkommunikators Johannes Paul ii. zu treten? Und alle Welt konnte sehen: Er kann. Das Gros der Einschätzungen: Benedikt xvi. hat seinen ersten globalen Auftritt seit der Amtseinführung bravourös gemeistert.

Das hat auch mit der Gruppendynamik eines Weltjugendtages zu tun, der auf Massenveranstaltung und Event mit dem Papst hin angelegt ist: Ob dieser Dynamik hätte selbst ein Joseph Ratzinger viel anstellen müssen, um nicht zu reüssieren. Ein Indiz für solchen Befund mag die durchaus schwere Kost sein, die Benedikt xvi. den jungen Zuhörern in den Ansprachen zumutete: Die Transubstantiationslehre etwa ist für Jugendliche unter Garantie nichts Cooles.

Die Diagnose, dass der Weltjugendtag, der ja als Inszenierung rund um den verstorbenen Johannes Paul ii. gesehen wurde, sich als viel unabhängiger von der Person entpuppte, spricht ganz und gar nicht gegen den neuen Pontifex. Sie dürfte im Gegenteil der Ratzinger'schen Amtsauffassung, die langsam Konturen annimmt, entgegenkommen: Benedikt xvi. - das zeigt schon seine Körpersprache - ist alles andere als ein Anhänger eines Personenkults. Hier unterscheidet sich der Neue klar vom Vorgänger; auch deswegen schienen - zumindest dem tv-Zuseher - etwa die "Bee-nee-dett-too"-Rufe merkwürdig deplatziert, gar nicht zu reden von Absonderlichkeiten wie dem "xxl-Papst-Poster" mit der Aufschrift "bravo, Bene!", den ausgerechnet die Jugendillustrierte Bravo auflegte.

Wohltuend: Benedikt xvi. präsentierte sich in Köln als Papst, der sich selbst treu blieb, und der in keiner Sekunde vorgab, den Vorgänger imitieren zu wollen. Das verschaffte ihm auch die Freiheit, anstatt altbekannter Moralpredigten den Jugendlichen vielmehr die Suche nach Gott und Christus ans Herz zu legen und Hinweise zu geben, was - im Gegensatz zu den Religionskomponisten von heute - Religion für den Christen bedeutet.

Auch wenn des Papstes theologische Sprache einiges - und mitunter zu viel - zumutete: Benedikt xvi. war auf dem Weltjugendtag ein leiser, beharrlicher und dadurch sympathischer Werber für den Glauben, der viel dem Ritus und der Kraft der Zeichen überließ. (Umso ärgerlicher, dass - damit ja nichts passiert - vor der Kommunion beim Abschlussgottesdienst extra darauf hingewiesen wurde, wer zur Kommunion gehen durfte, und wer nicht: Dass mit solch eucharistischer Strenge "unerlaubter" Kommunionempfang etwa von Protestanten zu verhindern war, wird ja wohl niemand geglaubt haben...)

Als Werber, als Leiser, als Bewahrender des Glaubens - so bleibt der Kölner Benedikt xvi. in Erinnerung, denn ähnliche Charakteristik wohnte auch den anderen Begegnungen es Papstes inne: Der Besuch in der Synagoge wirkte in erster Linie durch die Zeichenhaftigkeit, dass ein deutscher Papst - noch dazu einer aus der "Flakhelfergeneration" (© Bundespräsident Horst Köhler) - in Deutschland ein jüdisches Bethaus betrat. Das Treffen mit den Muslimen bestand aus wohlwollenden und -meinenden Worten; beim Gespräch mit den Vertretern der anderen "Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften" (wie sie Benedikt xvi. pitzlig genau titulierte; man erinnert sich: 2000 hatte der damalige Kardinal Ratzinger die Protestanten maßlos verärgert, weil er sie im umstrittenen Dokument "Dominus Iesus" nicht als "Kirchen" sondern bloß als "kirchliche Gemeinschaften" titulierte) stellte der Papst den ökumenischen Ist-Zustand fest und bot wenig Hinweise auf seine Handschrift für die Ökumene, die er in seinem Pontifikat ja zur Priorität machen will. Ähnliches gilt für seinen Zugang zur Kirche im säkularisierten Deutschland (Priestermangel etc.): die entsprechende Papst-Ansprache vor den deutschen Bischöfen lässt gleichfalls wenige Konturen erkennen.

Dennoch: Nach den fröhlichen Tagen von Köln werden Benedikts xvi. große Herausforderungen weiter die Ökumene, das Gespräch der Religionen und die Auseinandersetzungen um eine Gestalt der Kirche, die sich auch in der säkularen Moderne bewährt, bleiben. Leises Bewahren allein wird diesen Herausforderungen allerdings kaum gerecht werden. Immerhin: Man ist froh, dass sich der neue Papst in Köln als Glaubenswerber - und nicht als Großinquisitor wider den "Relativismus" - hervorgetan hat.

otto.friedrich@furche.at

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