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Stichwort Linkskatholizismus

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Ich komme Ihrem Wunsch, zum Begriff „Linkskatholizismus“ Stellung zu nehmen, nur sehr zögernd nach, da man erst bei längerem Nachdenken über diesen Begriff daraufkommt, wie wenig man eigentlich dazu sagen kann, da auch sehr wenig dahintersteckt.

Zunächst im allgemeinen. Ich halte den Begriff „Linkskatholizismus“ nicht nur für sehr unklar, sondern auch irreführend. Ein Mensch, der sich zum katholischen Glauben bekennt und versucht, nach ihm zu leben, kann weder links noch rechts stehen, sondern für ihn ist eine bestimmte Richtung vorgezeichnet. Ich halte es daher für ein Unglück, daß dieser Begriff einmal eingeführt wurde; aber er ist nun einmal da, und man muß sich mit ihm auseinandersetzen.

Es wird wahrscheinlich auf die Frage, was man im allgemeinen unter „Linkskatholizismus“ versteht, die verschiedensten Antworten geben, und es werden die Meinungen sehr weit auseinandergehen. Daraus geht wohl hervor, daß sich diejenigen, die zuerst diesen Begriff geprägt haben, darunter nur sehr wenig vorgestellt haben. Ich glaube, daß in erster Linie die soziale Einstellung maßgebend ist, ob man jemanden als „Linkskatholiken“ bezeichnet, und je eifriger diese Einstellung verfochten wird, um so mehr steht dieser Mensch „links“. Das kann so weit gehen, daß er dann von den „anderen“ sogar zum „schwarze Bolschewiken“ gestempelt wird.

Konkret auf Österreich bezogen, bedeutet „Linkskatholik“, daß jemand jener Gruppe angehört, die im Katholizismus die soziale Seite vertritt, also jene, die ich bereits vorhin skizziert habe. Ich glaube, daß sich nach diesen Ausführungen die allgemeinen Voraussetzungen der konkreten Situation in Österreich decken.

Ich bin der Meinung, daß man darüber ernstlich nachdenken sollte, ob dieser Begriff gerechtfertigt ist und ob er auch den Tatsachen entspricht, denn ob der Katholik im öffentlichen Leben mehr oder weniger sozial eingestellt ist, entscheidet doch nicht über seine Haltung als Katholik. Selbstverständlich wäre eine ausgesprochene asoziale Haltung dem Katholizismus widersprechend und daher mit ihm nicht vereinbar. Die soziale Haltung gehört einmal zum Katholiken; natürlich kann es dabei verschiedene Nuancen und Schattierungen geben. Entscheidend ist die Grundhaltung. Ich bin mir bewußt, daß diese kurzen Andeutungen das Thema nicht erschöpfen können, daher auch meine Herr nung, überhaupt an dieses The na heranzugehen.

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