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Macht für einen Monarchisten

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Während die letzten Athener Kriegsgerichtsprozesse wieder traurige Beweise dafür waren, daß die für das Polizeiwesen des Militärregimes und seine Standrechtsjustiz verantwortlichen „extremen“ Obersten Ladas, Kantonas und Ioannidis vor Folter und Unrecht nicht zurückschrecken, gab es auf politischem Gebiet mit der Berufung des angesehenen Theologen und Sozialwissenschaftlers Prof. Demetrios Tsakonas zu Papado-poulus' Staatssekretär im Minister-präsiddalamt eine ausgesprochen erfreuliche Entwicklung. Der heute 49jährige Wissenschaftler, der seine Karriere nach Absolvierung der Theologischen Fakultät von Chalki in Istanbul in der Nachkriegszeit an der Universität Innsbruck begonnen und es bis zum Gastprofessor in Bonn gebracht hat, wurde der Nachfolger des unlängst verstorbenen Staatssekretärs Vovo-linis. Zum Unterschied von diesem recht farblosen Vorgänger, zählt Tsakonas wie Außenminister Pipinellis und Handelsschiffahrtsminister Cholevas, der in Hamburg studiert hat, zu dem Kreis hervorragender Fachleute ohne ideologische Bindung mit den dem Faschismus zuneigenden Obersten. Professor Tsakonas hatte die bevorstehende Revolte der Militärs schon 1966 in seinem Werk „Geist und Gesellschaft im modernen Griechenland“ vorausgesagt, sich dieser nach dem tatsächlichen Eintreffen niemals angeschlossen. Noch 1969 beteiligte er sich an dem für die Herrschaft der Junta alles andere als schmeichelhaften Sammelband „Zum Beispiel Griechenland“ mit einem kritischen Aufsatz, den er mit den Worten schloß: „Griechenland, das nach Tradition und Geist ein freies Land sein will, muß seine Konflikte jedoch in sich austragen, so viel dies dem Einzelnen heute auch auferlegen mag.“ An dieser freimütigen Feststellung, die das Recht auf demokratischen Widerstand gegen die Militärdiktatur implizierte, scheiterte im Sommer 1969 die von Fachkreisen gewünschte Berufung Prof. Tsakonas' als Nachfolger des wegen Rückfalls in die Tendenzen seiner linksextremistischen Vergangenheit zum Rücktritt genötigten Kultusministers Papakonstantinou.

Seine jetzige Ernennung zu Papado-poulos' persönlichem Staatssekretär, als der er für Pressewesen und Information, alle kulturellen Belange mit Ausnahme des Schulwesens und auch für Griechenlands zivüen Nachrichtendienst verantwortlich wird, kann als regimeinterne Weichenstellung gegen den radikalen Flügel in der Regierung gewertet werden: Mit Tsakonas als Vorgesetztem werden sowohl der zum neuen Führer der Ultras gewählte Generaldirektor der Sportabteilung, Oberst Aslani-des, gegen den Verdachtsmomente wegen Urheberschaft an dem Malca-rios-Attentat und dem Georkatzis-Mord bestehen, wie auch gewisse die In- und Auslandspresse schikanierende Herren in der Generaldirektion für Presse und Information zur Mäßigung gezwungen sedin. Mit Tsakonas ist nach Außenminister Pipinellis auch ein weiterer Vertreter der Anliegen König Konstantins und vor allem ein Vertrauensmann des ökumenischen Patriarchen Athenagoras in das Athener Kabinett eingetreten.Die Ernennung des „fortschrittlichen Monarchisten“ Tsakonas hatte in Athen umso überraschender eingeschlagen, als beim Staatsbegräbnis Vovolinis' die Wagen der Admiräle und Luftmarschälle erstmals nicht mehr die Bezeichnungen „Königlich Griechische Luftwaffe (oder Flotte) trugen, und die Bilder des Königspaares sowie das Emblem der Krone auf Weisung des antiroyalistischen Oberbefehlshabers General Angelis vor wenigen Wochen aus allen Kasernen entfernt wurden. Die für gewöhnlich gut unterrichtete griechisch-zyprische Zeitung „Pilelev-theros“ hatte sogar über Pläne der Obersten für eine Volksabstimmung im Herbst berichtet, bei der das griechische Volk mit den Methoden des Pseudoplebiszits von 1968 zur Abschaffung der Monarchie und zur Wahl von Papadopoulos zum Staatschef gezwungen werden soll.

Man muß nun erst abwarten, ob Pipinellis und Tsakonas stark genug sein werden, diese Pläne zu durchkreuzen. Jedenfalls verbürgt der voll und ganz dem Patriarchat Konstantinopel verbundene Tsakonas an den Athener Schalthebeln, daß die bis zum Primas Hieronymos hinaufreichenden Erörterungen griechischer Kirchenkreise gegen den Phanar (deren Absichten von der Usurpierung der Jurisdiktion über die Kon-stantinopler Diözesen in Nordgriechenland, auf Kreta und den Inseln des Dodekanes bis zur Verlegung des Patriarchensitzes von Istanbul nach Athen reichen) in den Schreibtischen der interessierten Kirchenfürsten von Athen bis Elevtheroupo-l'is liegen bleiben werden...

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