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Mit Judo und Frugging

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Kanadas dynamischer Regierungschef — Junggeselle, Millionär, Universitätsprofessor und Freund von Barbra Streisand — ist ein Staatsmann wie kein anderer. Totz vieler Probleme, die einer Lösung harren, beherrscht Pierre Trudeau Ottawas Politik wie kaum einer seiner Vorgänger. Nach der „Freisetzung“ des kanadischen Dollars — der vordem mit 92,5 US-Cents stabilisiert war — besuchte ihn Barbra Streisand, der Film- und Broadwaystar. Verschiedene Vermutungen wurden an diesen Besuch geknüpft. Ein Humorist erinnerte daran, daß Barbra nach ihrem vorhergehenden Besuch in Ottawa einen Brief aus Manitoba erhalten hatte. Darin wurde La Streisand ersucht, sich bei ihrem nächsten Besuch bei Pierre Trudeau doch für die Interessen der Weizenfarmer einzusetzen...

Zur Zeit fordert die von Trudeau geführte liberale Regierung, etwaige Lohnerhöhungen auf maximal 6 Prozent pro Jahr zu beschränken, um den inflationären Trend zu stoppen

— eine Maßnahme, die auf den Widerstand der Gewerkschaften stößt. Kanadas 27.000 Postangestellte, die bedeutendere Lohnerhöhungen fordern, sind mit „rotierenden Streiks“ (jeweils in verschiedenen Gebieten) zum Gegenangriff übergegangen. Pierre Trudeau — auch sehr telegen

— verdrängt immer wieder seinen konservativen Gegenspieler Robert Steinheid aus dem öffentlichen Interesse. Seine Orientreise war ein Kabinettstück cleverer (und ungewöhnlicher) Public-Relations. In Tokio zeigte er sich wieder als Judo-Experte, als er einen Black-Belt-Champdon virtuos zu Boden schleuderte und von den höflichen Gastgebern prompt mit der Verleihung des begehrten „Schwarzen Gürtels“ ausgezeichnet wurde. Während des Kanada-Tages bei der Weltausstellung in Osaka erwies sich Pierre Trudeau im Frugging als Tänzer von überschäumender Lebenslust. Torontos Globe & Mail veröffentlichte nach seiner Rückkehr eine launige Zeichnung über die grassierende „Tru-deaumania“. Sie zeigte ein hübsches Mädchen, das seiner Freundin zuflüstert: „Jetzt werde ich wieder die Parlamentsberichte lesen!“ Sind Premierminister Trudeau auch im Kampf gegen die Inflation und die Arbeitslosigkeit bemerkenswerte Erfolge versagt geblieben, so bricht der fünfzigjährige Staatsinann anderseits furchtlos mit Tabus. Bei dem Empfang einer Delegation von deutschsprachigen Mennoniten (die aus religiösen Gründen Pazifisten sind) wies er darauf hin, daß Kanada „Flüchtlinge vor dem Militarismus“ willkommen heiße — eine Bemerkung, die sich auf amerikanische Kriegsdienstverweigerer bezog. Doch Trudeau, der bereits mehr als zwei Jahre Kanadas Geschicke leitet, hat auch zum ersten Mal in der Geschichte der Nation einen Kanadier jüdischen Glaubens zum Minister ernannt und einen Botschafter zum Vatikan entsandt.

Obwohl Trudeau den Wert der Publicity nicht unterschätzt, hat er es nicht gerne, wenn sich sensationslüsterne Zeitungen mit seinem Privatleben beschäftigen. Als er in Neuseeland über eine mögliche Heirat befragt wurde, konterte er gut gelaunt: „Ich erwäge sie ernstlich für 1970, aber nicht ernstlicher als für 1969. Ich glaube, sie ist eine gute Idee, aber nicht alle jungen Damen denken ähnlich.“ lern asiatischen Ländern von jener Schwarzafrdkas verschieden. In diesem Zusammenhang nimmt auch ein jetzt vor uns liegender Bericht aus Schwarzafrika gegen Angriffe und Einwände Stellung, die gegen die päpstliche Enzyklika Humanae vitae erhoben werden. Ganz abgesehen von der bei den meisten dieser Angriffe offenkundigen Ausklammerung geistiger und seelischer Faktoren, hätten sogar prominente Ärzte in den USA erklärt, daß die Pille auch in medizinischer Hinsicht eine „Zeitbombe“ sei, „die vielleicht erst in zwanzig Jahren explodieren werde“, da man ihre Spätfolgen auf sehr lange Sicht keineswegs voraussehen könne. Außerdem möge man auch, ganz abgesehen von den medizinischen und „nützüdchkeitsbetonten“ Aspekten auf kurze Sicht, die Tatsache nicht übersehen, daß es dem Papst bei seies in dem von Mohammedanern geschriebenen Aufsatz weiter, „stxek-ken ihre Polypenarme über ausgedehnte Gebiete des Erdballs aus. Die für ihre kostspielige Tätigkeit aufgewandten, sehr großen Geldbeträge sollten lieber für echte Entwicklungshilfe verwendet werdein, die es vielen Ländern, vor allein in Schwarzafrika, ermöglichen könnte, durch die landwirtschaftliche Erschließung ausgedehnter, heute noch brachliegender Gebiete ihren Bevölkerungszuwachs in vernünftige Planungen nutzbringend und segensreich einzuordnen.“ Der Artikel endet mit Zitaten aus dem Koran und dem Wunsch, daß auch möglichst viele Mohammedaner den „satanischen Aspekt“ der ganz besonders in Schwarzafrika unangebrachten Geburteneinschränkungspropaganda in zunehmendem Maße erkennen mögen.

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