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Österreich und seine Armee

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Als die Truppen der Warschauer- Pakt-Staaten die Tschechoslowakei besetzten, ging ein Erschrecken nicht nur durch Europa, sondern insbesondere auch durch Österreich. Der Republik, die heuer ihr 50jähriges Bestandsjubiläum feiert, wurde plötzlich bewußt, daß sie eine Armee benötige, um ihre Neutralität zu verteidigen, und mit Besorgnis fragten sich alle Menschen, die bisher die Existenz des Bundesheeres kaum oder nur mit scheelen Augen zur Kenntnis genommen hatten, ob sie genüge, ihrer Aufgabe nachzukommen und ob von ihr auch alles getan sei, um einem Ernstfall zu begegnen. Es hagelte Kritiken und Vorwürfe, ohne daß man dieser Armee die Möglichkeit gab, sich auch gegen diese Vorwürfe zu verteidigen. Man nahm ohne weiteres an, daß auch sie die Rolle der „Großen Schweigerin“ zu spielen habe. Wer aber die Vorwürfe und Kritiken untersucht, wird bald entdecken, daß sie wie ein Bumerang auf den Kritiker zurückfallen.

„Die Armee verdorrt“

Einer der letzten k. u. k. Kriegsminister vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges stieß einmal diesen Schmerzensschrei aus. Dieser Ruf entrang sich seiner gequälten Brust angesichts der geringen Mittel, die der gemeinsamen Armee von den beiden Reichshälften zugebilligt Sieringst,; das Donaureich riesige Summen in ihnar Rüstungen steckte i,’undv sieh täglich auf den Krieg vorbereitete, der dann im Juli 1914 auch ausbrach. Aber Österreich gab immer zu wenig für seine Armee aus. Als die Donaumonarchie Königgrätz verlor, sagte alle Welt einschließlich der Österreicher, daß daran die preußischen Hinterlader schuld seien, die die österreichische Armee zum Unterschied von eingeführt sieht etwas Hinterlader sehen Armee wohl bekannt und auch zum kleinsten Teil zur Probe einge- führt. Aber zu einer generellen Einführung wurden die Mittel nicht bewilligt, und so zog die Armee 1866 ungenügend gerüstet in den Krieg. Gewiß, es wird immer wieder geniale Feldherrn geben, die auch mit ungenügender Rüstung siegen werden, wie zum Beispiel Tegetthoff mit seinen hölzernen Schiffen bei Lissa gegen die damals modernste Panzerflotte der Welt. Aber das sind Aus- nahmsfälle, und in jedem Krieg wird die bessere Bewaffnung eine ausschlaggebende Rolle spielen.

Es gehört schon politisch zur Tra-dition Österreichs, daß seine Armee nie sehr gut dotiert wurde. Angesichts dieser Tatsache sind die Leistungen, die sie vollbrachte, um so größer zu werten. Auch in unserer Zeit ist ihre Dotierung minimal. Während in Israel ungefähr 40 Prozent des Budgets Heeresausgaben umfassen, muß sich die österreichische Armee bei einem 90-Mil- liarden-Budget mit 3,5 Milliarden zufrieden geben. Hätte Israel seinen Krieg in sechs Tagen gewinnen können, wenn seine Armee ähnlich karg dotiert gewesen wäre? Die Antwort liegt auf der Hand. Es ist geradezu ein Glück, daß Österreich gewisse Waffen, wie Raketen, die ungeheure ‘ Summen verschlmgeh’’ nläit besitzen darf, es käme sonst hoffnungslos ins Hintertreffen.

Wer somit die Armee kritisiert, frage sich zuerst, ob er bereit ist, hier jene Mittel zur Verfügung zu stellen, die sie benötigen würde, um ihrer Aufgabe gerecht zu werden.

Dabei wären die zusätzlichen Mittel, die benötigt würden, kaum so gewaltig, daß sich jeder Österreicher sagen müßte, daß diese Summen nie aufgebracht werden könnten. Denn eine Erhöhung von 3,5 auf 4 Milliarden würde bereits eine, wesentliche Verbesserung für das Bundesheer bedeuten. Eine halbe Milliarde ist sicherlich viel Geld, aber anderseits ist hier ein Sparen wirklich fehl am Platz.

Die Schweiz ist ein sehr sparsames Land. Aber sie steckt seit vielen Jahren enorme Summen in ihre Armee und besitzt heute eine der besten Armeen der Welt. Diese starke Armee ist mit ein Grund, daß der Schweiz seit 140 Jahren ein Krieg erspart wurde, der ihr unendlich viel mehr Opfer an Menschen und Geld gekostet hätte.

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