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Das Schulmodell "Werkschulheim" bietet eine Reifeprüfung samt Lehrabschluss.

Nach der vierten Klasse stehen AHS-Schüler vor einer schwierigen Entscheidung: Oberstufe oder berufsbildende Schule? Theorie oder Praxis? Eine weitgehend unbekannte Schulform eröffnet eine Alternative: das Werkschulheim. Hinter diesem Namen verbirgt sich eine höhere Internatsschule mit besonderer handwerklicher Ausbildung. Sie endet nach dreizehn Schuljahren nicht nur mit einer AHS-Matura, sondern auch mit einer Lehrabschlussprüfung.

Näher am Leben

In Österreich gibt es nur zwei Schulen, an denen diese Verknüpfung von Theorie und Praxis Realität ist: Am traditionelle Werkschulheim Felbertal und seit kurzem am Evangelischen Gymnasium in Wien. Im Salzburger Privatinternat, das seit 1951 besteht, liegt der Schwerpunkt auf dem Lehrplan der AHS, nebenbei werden die knapp dreihundert Schüler und Schülerinnen zu hoch qualifizierten Tischlern, Elektronikern und Mechatronikern ausgebildet. Nach der Schule ergreifen 20 Prozent der Absolventen den Lehrberuf, der Großteil studiert oder geht in einen Betrieb. Uta Derschmidt hat 1993 als zweites Mädchen am Werkschulheim Felbertal maturiert und studiert heute Musik und Soziologie. Obwohl sie dem gelernten Beruf der Tischlerin nicht nachgeht, ist sie überzeugt, von ihrer Ausbildung profitiert zu haben. "Viele meiner ehemaligen Klassenkollegen sind heute Ärzte. Sie haben einen ganz anderen Zugang zu Techniken und Werkzeugen, als AHS-Absolventen", erklärt Derschmidt. Dieser Unterschied mache sich in alltäglichen Situationen bemerkbar - "man traut sich einfach hinzugreifen". Ihr Vater Ulf Derschmidt war 29 Jahre lang Lehrer und Erzieher in der Internatsschule. Auch er sieht in einer Schulform wie dieser Vorteile gegenüber der herkömmlichen AHS: "Die Ausbildung ist viel näher am Leben."

Auch Regine Gussenbauer, Direktorin des Evangelischen Gymnasiums in Wien, ist von den Vorzügen dieser Schulform überzeugt: "Das System vermittelt Schlüsselqualifikationen wie Kommunikationsfähigkeit, Projektorganisation und Präsentationstechnik."

Tischler und Goldschmied

Die evangelische Privatschule führt erst seit dem Jahr 2000 ein Werkschulheim und hat folglich noch keine Absolventen. Nach der vierten Klasse können die Schüler zwischen den Lehrberufen Gold- und Silberschmied, EDV-Techniker und Tischler wählen. In der Oberstufe wird 1,5 Tage pro Woche ausschließlich der Lehrberuf in der Werkstatt unterrichtet, zusätzlich gibt es ausbildungsspezifische Fachkunde und Betriebswirtschaftslehre. Auch wenn die Werkschüler etwa fünf Stunden mehr pro Woche als andere Gymnasiasten investieren müssen, leidet ihre soziale Entwicklung laut Gussenbauer nicht. "Durch lange Arbeitstage wird perfekt auf das Berufsleben vorbereitet. Außerdem lernen die Schüler, zielorientiert zu arbeiten."

Die Hoffnungen, dass diese duale Ausbildung in Österreich ein Zukunftstrend wird, sind allerdings gering. Für das Bildungsministerium ist dieser Schultyp zu kostenintensiv. Auch der Schulerhalter des Evangelischen Gymnasiums leidet unter finanziellen Engpässen: So hat der Evangelische Oberkirchenrat A. B. in der Vorwoche beschlossen, die Genehmigung für den geplanten Neubau der Schule in Wien-Simmering nicht zu erteilen. Die Kirchenleitung ist aber nach wie vor überzeugt, dass dieses "sinnvolle und unterstützenswerte Schulmodell" weitergeführt werden soll.

Nähere Infos unter

www.evangelischesgymnasium.at und www.werkschulheim.at

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