"Wir haben noch kein Mittel gegen die FPÖ gefunden"

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Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller über die verlorenen Wahlen, die Verluste der SPÖ zugunsten der FPÖ und ihren Kompromiss-Vorschlag im Lehrer-Streit. Das Gespräch führte Oliver Tanzer

Gabi Burgstaller ist seit 2004 Landeshauptfrau von Salzburg. Als solche musste sie am Sonntag eine herbe Niederlage einstecken. Sie verlor rund sechs Prozent der Stimmen - vor allem an das rechte Lager.

Die Furche: Wann haben Sie erkannt, dass Sie vor einer bitteren Niederlage stehen?

Gabi Burgstaller: Ich gehöre zu den Realisten, ich habe nicht gedacht, dass wir den Wahlerfolg von 2004 wiederholen können. Das waren damals einzigartige Rahmenbedingungen: eine am Boden liegende FPÖ nach Knittelfeld und Schwarz-Blau. Mir war also klar, dass wir ablegen würden. Mein Ziel waren aber 40 Prozent, und deshalb bin ich enttäuscht, das gebe ich zu.

Die Furche: Haben Sie mit dem Gedanken gespielt zu sagen, das war's, ich trete zurück?

Burgstaller: Bei der ersten Hochrechnung um 17 Uhr waren manche nah am Herzinfarkt. Wenig später war dann aber klar, dass die Hochrechnung falsch war. So viel zum Thema Wahrsagerei.

Die Furche: Noch viel enttäuschender als das Gesamtergebnis ist das Gemeindeergebnis. Sie müssen um Salzburg zittern, das rote Hallein ist jetzt schwarz.

Burgstaller: Man muss sich das alles genau ansehen. Einige Niederlagen waren hausgemacht, andere nicht. Teilweise hatten wir es mit starken ÖVP-Kandidaten zu tun, teilweise gab es schwere Fehler der SPÖ. Aber wenn man die Landesebene betrachtet: Wir hatten bei der Nationalratswahl 23 Prozent. 39 Prozent sind da trotzdem noch gut - immerhin sind wir - erst zum zweiten Mal in der Geschichte - die Nummer 1 im Bundesland.

Die Furche: Schon paradox, auch die ÖVP in Salzburg freut sich über das schlechteste Wahlergebnis aller Zeiten.

Burgstaller: Die ÖVP irrt, wenn sie glaubt, sie hätte den Abstand zur SPÖ verringert. In Wirklichkeit hat uns die FPÖ einen Teil der Stimmen abgejagt.

Die Furche: Die SPÖ rinnt nach rechts aus. Müssen Sie sich Sorgen machen?

Burgstaller: Wir haben alle noch kein Mittel gegen den Populismus der FPÖ gefunden. Die Frage ist: Wie kann man langfristig Wähler an eine Partei binden, die in Verantwortung steht?

Die Furche: War nicht auch der wenig aggressive Wahlkampf Schuld am Ergebnis?

Burgstaller: Das glaube ich nicht. Ich glaube, dass wir einen guten Wahlkampf unter den bestehenden Rahmenbedingungen geführt haben. Wir sind eben in der Position des Ersten, der sich nicht hinstellen und klagen kann, was alles schiefläuft. Die SPÖ kann in Salzburg nur Führungsverantwortung übernehmen, wenn wir uns nicht auf unsere Kernwähler beschränken. Da lägen wir unter 25 Prozent. Wir dürfen und wollen auch nicht auseinanderdividieren. Wir müssen integrieren.

Die Furche: Was sind die ersten Ziele nach diesem Dämpfer? Werden Sie angriffiger Richtung Bundesregierung sein? Offenbar wirkt sich das Harmoniekonzept des Bundes schädlich in den Ländern aus.

Burgstaller: Ich mag keine Schuldzuweisungen. Wien hat uns mit Sicherheit nicht in der Wahlauseinandersetzung geschadet. Was geschadet hat, war der Eindruck, dass die Politik hilflos ist, wenn es darum geht, große Betriebsschließungen zu verhindern. Das war ein Teil der Frustration der Wähler.

Die Furche: Zuletzt sagten Politiker und Politologen wiederholt, dass die Krise eigentlich der SPÖ zugute kommt, weil sie ihr politisches Profil besser zeigen kann - Soziales, Arbeitsplätze vor allem. Stimmt das nun nicht mehr?

Burgstaller: Es ist zu früh, diese Analyse anzustellen. Aus der Krise ergibt sich jedenfalls die Chance zu sagen: Schluss mit dem Wirtschaftsliberalismus, hin zu neuen Regelungen. Es entsteht ein Verständnis dafür, dass der Staat die Rahmenbedingungen vorgeben und die Menschen schützen muss.

Die Furche: Schützt der Staat die Menschen, indem er Milliarden an die Banken gibt und dieselben Banken gleichzeitig Milliarden in Steuerparadiesen parken?

Burgstaller: Ich erwarte mir, dass sich das die Finanzmarktaufsicht genauer ansieht, denn was da stattfindet, ist Verschleierung.

Die Furche: Gibt es ein neues Salzburger Krisenpaket?

Burgstaller: Ich will mit der ÖVP einen Pakt für erneuerbare Energie für das Land verhandeln. Er soll für den privaten und öffentlichen Bereich gelten und Photovoltaik, Wind- und Wasserkraft umfassen. Wir wollen auch mitreden beim Thema Bildung.

Die Furche: Den Vorschlag von Bildungsministerin Schmied haben Sie abgelehnt. Ist mehr Unterricht den Lehrern unzumutbar?

Burgstaller: Ich denke an einen Kompromiss. Dabei geht es mir nicht nur um den Unterricht im klassischen Sinn, sondern dass man Nachmittagsbetreuung und Nachhilfe ausbaut. Wenn also jeder Lehrer zwei Stunden mehr pro Woche hätte, dann könnte diese Zeit auch für dringend notwendige Nachhilfe genutzt werden. Dazu braucht man kaum Vorbereitung. Das ist vertretbarer als alles, was bisher auf dem Tisch liegt.

Die Furche: In der Krise fordert die Bundesregierung auch die Solidarität der Länder ein. Wo kann Salzburg sparen?

Burgstaller: Wenn der Finanzminister genau hinsehen würde, könnte er leicht Sparpotenzial finden. Es gibt etwa ein Bundesgesetz für die Nachmittagsbetreuung, die von Ländern/Gemeinden finanziert wird. Leider hat der Gesetzgeber den Fehler begangen, freizustellen, ob die Lehrer für das gleiche Geld zwei Stunden oder bloß eine arbeiten wollen. Beseitigt man diesen Fehler, könnte man die Zahl der Stunden verdoppeln. Man könnte auch in der Bürokratie sparen. Wir haben Landesschulräte als Bundesverwaltung und Landesschulverwaltungen als Landesbehörde. Die einen machen das Dienstrecht, die anderen die Pädagogik. Es müsste nur ein Satz in der Verfassung geändert werden, und wir könnten viel Geld einsparen.

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