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Propaganda ohne Propaganda

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Im Widereinander der großen Machtblöcke hat ein Meines Land nur wenig politische Bedeutung. Die kulturelle Geltung ist aber nicht von seiner Größe abhängig. Auch Kleinstaaten können da erhebliches Ansehen besitzen. Nun soll Österreichs kulturelle Strahlung nach außen in nächster Zeit intensiviert werden. Es ist beabsichtigt, diese Auslandsbeziehungen neu zu organisieren, ein Vorhaben, das nur mit Nachdruck unterstützt werden kann. Lediglich die vor kurzem verlautbarte Unterscheidung zwischen Präsenz- und Aktivzonen scheint gefährlich. Es gibt heute nur noch aktive Kultarwerbung. Eine EnquSfre über die österreichische Kulturarbeit im Ausland ist für Ende März angekündigt.

Es gibt allzu viele, die Österreichs derzeitige kulturelle Auslandswirkung lokalpatriotisch überschätzen. Tatsächlich sind wir international kaum im Gespräch, initiative Leistungen entstehen nur selten." Die Neigung dės, Österreichers für das Gewöhnte, für das längst Anerkannte, für Phasen der geistigen Entwicklung, die Jahrzehnte zurückliegen, wirkt sich verhängnisvoll aus. Und doch gibt es diese initiativen Leistungen, aber die Anerkennung erfolgt bei uns erheblich später. Die Folge davon ist, daß viele der nicht konventionell Schaffenden auswandern und für das Ansehen Österreichs verlorengehen. Es seien nur

— etwa im Bereich der Kunst — Ingeborg Bachmann, H. C. Artmann, Gerhard Rühm, Peter Handke, Rudolf Hoflehner, Rudolf Hausner genannt.

Ein außerordentlicher Einsatz ist daher gerade jetzt erforderlich, um unser kulturelles Ansehen zu heben. Aus dem Ausland stammt das verhängnisvolle Wort von der „lauen Donau“, das leider in vielem Berechtigung hat. Die Kulturinstitute können und sollen Brennpunkte geistiger Ausstrahlung sein. Wodurch strahlt man aus? Durch Darbietung von Leistungen, die überregionale Bedeutung haben. Was die anderen interessieren kann, ist vorzuführen, nicht was wir aufdrängen wollen. Stärkste Propaganda: Indem man nicht propagiert, indem man darbietet, was die Potenz hat, sich selbst zu propagieren. Dazu bedarf es eines international gerichteten Blicks, der genauen Kenntnis der internationalen geistigen Situation, um zu ermessen, womit einzusetzen ist. Nicht minder umfassend muß der Überblick über die wesentlichen österreichischen Leistungen auf den verschiedensten Gebieten sein.

Den breitesten Strahlbereich erreicht die Kunst, weil durch sie Publikumsschichten aller Berufszweige erreicht werden. Die Wissenschaft ist ebenfalls heranzuholen, doch hat sie den Nachteil, immer nur enge Fachkreise zu erreichen. Auf die möglichst intensive Ausstrahlung österreichischer Leistungen kommt es jetzt so sehr an, daß in unserer Situation alles Fachliche eine viel zu geringe Wirkung ausübt. Es sei denn, man hat mit einer allgemein interessierenden wissenschaftlichen Sensation aufzuwarten.

Wir sind mit Recht auf die kulturellen Leistungen vieler Jahrhunderte stolz, aber wir können nicht ständig mit den gleichen weltbekannten Schätzen der Vergangenheit prunken, sonst hält man uns lediglich für rückwärtsgewandte Hüter versunkener österreichischer Epochen. Historisches vollends um des Historisierens willen zu betreiben und darzubieten, ist weitgehend auszuschließen. Das Historische hat für die Kulturarbeit im Ausland dann Bedeutung, wenn es ins Gegenwärtige entscheidend einwirkt, denn die lebendigste Strahlung geht vom Gegenwärtigen und von Zulkunfts- akzenten aus.

In einer Zeit rasant sich überstürzender Entwicklungen erregt nur stärkere Aufmerksamkeit, wer in diese Entwicklung einzugreifen vermag, wer voll in der Gegenwart steht, ihre Ströme in sich aufgenommen und verarbeitet hat. Man soll uns nicht mehr nachsagen, daß wir allem hintennachhinkem, daß geistige Initiative immer nur von den anderen ausgeht. Dabei ist es durchaus nicht nötig, die Thematik auf österreichisches einzuschränken.

Um mit einer Tätigkeit dieser Art Erfolg zu haben, ist ein enger persönlicher Kontakt mit den geistig Führenden des betreffenden Landes notwendig. Persönlichkeiten gelingt es am ehesten, wieder Persönlichkeiten in den Strahlbereich eines Kulturinstitutes zu ziehen. Wird dies erreicht, dann läßt sich erkennen, durch welche Darbietungen voraussichtlich ein lebendiger Konnex mit einem breiteren Kreis von Kultur- interessierten herzustellen ist.

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